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Kinder in Malawi schuften auf Tabakplantagen unter schlimmsten Bedingungen

Brasilien, Bahia, Entre Rios auf dem Lande am Rande des Dorfes Conde arbeitet ein junges Mädchen mit einer Hacke auf dem Ackerland ihres Vaters, dem sie hilft. Sie macht Löcher in die Erde, bevor sie Kartoffeln pflanzt.(Symbolbild) So wie dieses Mädchen arbeiten zahlreiche Minderjährige auf den Tabakplantagen in Malawi. |  Bild: Latino-Mädchen arbeitet in der Subsistenzlandwirtschaft © Sjors737 | Dreamstime.com [Royalty Free]  - DreamstimeBrasilien, Bahia, Entre Rios auf dem Lande am Rande des Dorfes Conde arbeitet ein junges Mädchen mit einer Hacke auf dem Ackerland ihres Vaters, dem sie hilft. Sie macht Löcher in die Erde, bevor sie Kartoffeln pflanzt.

(Symbolbild) So wie dieses Mädchen arbeiten zahlreiche Minderjährige auf den Tabakplantagen in Malawi. | Bild: Latino-Mädchen arbeitet in der Subsistenzlandwirtschaft © Sjors737 | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime

Malawi ist ein kleines Land im südlichen Afrika. Seit seiner Unabhängigkeit 1964 gehört es zu den zwanzig am wenigsten entwickelten Ländern weltweit. Seine Wirtschaft beruht auf der Landwirtschaft. 80 Prozent der überwiegend ländlichen Bevölkerung ist im Tabaksektor beschäftigt. Somit ist Malawi von der Produktion dieses einzigen Produkts wie kein anderer Staat der Erde abhängig und steht auf Platz fünf der Länder, die wichtig für den Tabakanbau sind. 70 Prozent seiner Deviseneinnahmen bezieht Malawi aus dem Export von Tabakblättern. Weiterhin wächst die Bevölkerung schnell und so sind die meisten Menschen von Armut betroffen. Die Hälfte davon lebt unterhalb der Armutsgrenze. Kinder machen mehr als 40 Prozent der Bevölkerung aus. Sie haben häufig keinen Zugang zu gesunder Nahrung, finanziellen Ressourcen, Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen. In den 1990er Jahren öffnete die Regierung auf Druck von Weltbank und Internationalem Währungsfonds den Tabaksektor für alle, auch für Kleinbauern. Obwohl die Nachfrage auf dem Weltmarkt groß war, begannen die Preise schnell zu sinken. Aus diesem Grund konnten kleine Tabakbauern ihre Preise auch nicht beibehalten. Da sie die eigenen Kosten senken mussten, sollten sie billige Arbeitskräfte einstellen, wie z.B. Kinder. 1) 2) 3)

So verrichteten im Jahr 2017 38 Prozent der Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren Kinderarbeit. Das Arbeitsministerium Malawis geht in letzter Zeit davon aus, dass heute 2.1 Millionen Kinder zwischen 5 und 17 arbeiten. Viele davon sind in den Minen oder auf den Tabakplantagen tätig, manche sind Opfer der kommerziellen sexuellen Ausbeutung und des Kindelhandels. Der Großteil der Kinderarbeiter arbeitet für die eigene Familie, die das zusätzliche Einkommen braucht, um zu überleben. Die Kinderarbeit in der malawischen Wirtschaft findet vor allem durch sogenannte Pachtsysteme statt. Die Bezahlung der Pächter hängt von der Menge und Qualität des an die Landbesitzer übergebenen Produkts ab. Häufig erhöhen die Landbesitzer die Pachten während der Tabaksaison. Wenn die Arbeiter die neue Summe nicht zahlen können, gerät die ganze Familie in eine Art Schuldknechtschaft. So muten viele Eltern ihren Kindern dieselbe Arbeit zu. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sind außerdem begrenzt. Viele davon werden für den Tabakanbau benutzt, der die Böden auslaugt. Naturkatastrophen kommen auch regelmäßig vor und darunter leidet auch die Qualität der Tabakblätter. So haben die Familien in Malawi keine sicheren Lebensgrundlagen. Die HIV-Infektion ist ein weiteres großes Problem. Laut Statistiken gibt es im Land mindestens 1 Million AIDS-Waisen, die gezwungen sind, einer Arbeit nachzugehen, um ihre Geschwister und sich selbst zu ernähren. Selbst die Kindersterblichkeitsrate aufgrund verschiedener Krankheiten bleibt immer noch hoch. 4)

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der 5-14 Jährigen liegt bei fast 20 Stunden. Es gibt leider auch viele, die zwölf Stunden am Tag arbeiten müssen. Trotzdem lebt eines von fünf Kindern von weniger als 1,00 US-Dollar pro Tag. Das Alarmierende ist jedoch, dass die Minderjährigen, die als Tabakpflücker arbeiten, dem Nikotin jeden Tag ausgesetzt sind. Das Nikotin in der Tabakpflanze ist hochgiftig und für Kinder besonders schädlich. Außerdem ist es wasserlöslich und wird von der menschlichen Haut leicht aufgenommen. Als die internationale Kinderhilfsorganisation Plan International vor sieben Jahren das Ausmaß und die Folgen von Kinderarbeit auf malawischen Tabakplantagen untersucht hat, hat sie festgestellt, dass der Großteil der Kinder unter schmerzhaftem Husten, regelmäßigen Kopf- und Bauchschmerzen und Muskelschwäche leidet. Einer US-Studie zufolge kann ein Kind, das ohne Schutzkleidung auf einer Tabakplantage arbeitet, bis zu 54 Milligramm Nikotin über die Haut aufnehmen. Die Langzeitfolgen sind noch schlimmer. Zudem werden die Kinder für ihre Arbeit oft nicht angemessen bezahlt, manche arbeiten für nicht mehr als einen Cent pro Stunde. Die Minderjährigen erhalten auch kein ausreichendes Essen und haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Schulbildung in Malawi ist kostenlos und für Kinder bis 18 Jahre verpflichtend. 41 Prozent besuchen die Schule, die meisten jedoch nicht regelmäßig, da sie die Hausarbeit übernehmen müssen oder sich ihre Familie die schulbezogenen Ausgaben nicht leisten kann. Große Entfernungen, unzureichende Infrastruktur und mangelnde sanitäre Einrichtungen in den Schulen stellen alle große Herausforderungen dar. Das Gesundheitssystem in Malawi zeichnet sich durch einen dezentralen Aufbau aus, was für Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und Behandlungen sorgt. So bekommen die Kinder keine Möglichkeit, ihre Zukunftschancen zu verbessern. 5) 6)

Gestern haben Vertreter des Arbeitsministeriums in der Hauptstadt Malawis ein neues Projekt vorgestellt: Joining Forces for Africa: Acting to End Child Labour. Es wird von der EU finanziert und zielt auf die Abschaffung von Kinderarbeit im Land ab. UNICEF unterstützt auch verschiedene Initiativen zum Schutz der Kinder in Malawi, u.a. im Bereich der Gesundheitsversorgung. Seit 2019 sind Tabakproduzenten außerdem dazu verpflichtet, über ihre Maßnahmen gegen Kinderarbeit zu berichten. Selbst Tabakimporteure möchten mit ihren Initiativen zur Abschaffung der Kinderarbeit in der Tabakindustrie beitragen. Fair gehandelter Tabak oder solcher mit Bio-Siegel existiert jedoch nicht. Viele Entwicklungsorganisationen, selbst die Verantwortlichen hinter dem Fair-Trade-Siegel, äußern sich klar, dass sie sich für ein solch ungesundes Produkt nicht einsetzen werden. Die Produktion von Tabak basiert auf ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzung. Für die Konsumenten ist er auch ungesund. Somit gibt es momentan keine Projekte, die das Problem der Kinderarbeit in der Tabakindustrie komplett lösen können. 7) 8)

  1. humanium: Die Kinder von Malawi; Stand September 2023
  2. BUREAU OF INTERNATIONAL LABOR AFFAIRS: Malawi; Statistik vom 2019
  3. The World Factbook: Malawi; Stand September 2023
  4. kindernothilfe: Malawi; Stand September 2023
  5. kinderweltreise: Malawi; Stand September 2023
  6. Süddeutsche Zeitung: Das blutige Geschäft mit den Tabak-Sklaven; Artikel vom 18.06.2016
  7. Malawi24: 2.1 million children engaged in child labour in Malawi; Artikel vom 04.09.2023
  8. Deutschlandfunk Kultur: Warum es kein Fair-Trade-Siegel für Zigaretten gibt; Artikel vom 05.02.2019



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