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ILO-Studie: Indigene Kinder anfälliger für Kinderarbeit

PERU - 23. SEPTEMBER: Ein kleiner indigener Junge in traditioneller bunter Kleidung hält ein Lamm im Arm.In Peru ist das Vorkommen von Kinderarbeit unter indigenen Kindern fast dreimal höher als der Durchschnitt. |  Bild: Menschen in Peru © Uros Ravbar | Dreamstime.com [Royalty Free]  - DreamstimePERU - 23. SEPTEMBER: Ein kleiner indigener Junge in traditioneller bunter Kleidung hält ein Lamm im Arm.

In Peru ist das Vorkommen von Kinderarbeit unter indigenen Kindern fast dreimal höher als der Durchschnitt. | Bild: Menschen in Peru © Uros Ravbar | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime

Einer neuen Analyse der ILO zufolge sind Kinder aus indigenen Gemeinschaften einem hohen Risiko von Kinderarbeit ausgesetzt und haben oft keinen Zugang zu Bildung. Den Ergebnissen zufolge begegnen indigene Kinder großen Bildungsbenachteiligungen, was sie anfälliger für Kinderarbeit macht. In den untersuchten Ländern haben indigene Kinder im Vergleich zu anderen eine niedrigere Schulbesuchsquote, insbesondere indigene Mädchen. Die Studie baut auf früherer Forschung und politischen Leitlinien der ILO auf. Sie wurde von dem Arbeitsministerium der Vereinigten Staaten finanziert und analysiert Daten von Berichten aus der ganzen Welt, Gruppendiskussionen mit Organisationen indigener Völker (in Kambodscha, Kenia, Russland, Nepal und Tansania). Zusätzlich wurden nationale quantitative Daten aus sechs lateinamerikanischen Ländern ausgewertet (Bolivien, Brasilien, Ecuador, Guatemala, Panama und Peru). Die Arbeit zeigt, dass indigene Kinder in gefährlichen Berufen stark überrepräsentiert sind. Die schlimmsten Formen von Kinderarbeit stellen außerdem für Minderjährige aus indigenen Gemeinschaften ein größeres Risiko dar als für andere. Die meisten verrichten eine Arbeit im landwirtschaftlichen Sektor, manche sind aber auch im Bauwesen, Handel und der Industrie tätig. 1)

Die Studie deckt unter anderem erhebliche regionale Unterschiede auf. In Peru ist das Vorkommen von Kinderarbeit unter indigenen Kindern fast dreimal höher als der Durchschnitt, während in Ecuador die Wahrscheinlichkeit, dass indigene Kinder gefährliche Arbeiten verrichten, etwa 11,6 Mal höher ist als der nationale Durchschnitt aller Kinder. Indigene Kinder sind auch beim Zugang zur Bildung benachteiligt, was zu ihrer Anfälligkeit für Kinderarbeit beiträgt und ihre Chancen minimiert, die für die Zukunft erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben. Sie sehen sich mit zahlreichen Bildungsbarrieren konfrontiert, darunter die fehlende Anerkennung indigenen Wissens und indigener Bildungssysteme, Sprachbarrieren und die Nutzung formaler Bildung als Mittel zur Assimilierung, die das Überleben ihrer Kultur gefährdet. 2)

Kinderarbeit in indigenen Gemeinschaften ist eine direkte Folge der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Marginalisierung, die diese Gemeinschaften erfahren, so die ILO. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen solcher Gemeinschaften in extremer Armut leben, ist dreimal höher als für andere. Sie sind häufig von Landenteignungen und sehr stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Weiterhin haben sie immer noch nur einen begrenzten Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und die Bewahrung ihrer traditionellen Lebensweise wird erheblich erschwert. Diese Umstände können indigene Kinder dazu zwingen, einer Arbeit nachzugehen, um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Das zusätzliche Einkommen der Minderjährigen wird für die ganze Familie überlebenswichtig. Dies kann auch andere Folgen haben, wie z.B. die Ausbeutung indigener Mädchen durch Menschenhändler, die den Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsbindungen ausnutzen.

Was für Herausforderungen indigene Minderjährige jeden Tag begegnen, schildern die Geschichten von drei Jugedlichen. Yaisa aus Kolumbien, wo Völker oft Opfer bewaffneter Gruppen werden, wurde mit 12 Jahren aus ihrem Heimatort vertrieben. Sie hat 2 Kinder und konnte längere Zeit zur Schule nicht gehen. Staatliche Diskriminierung und Bedrohung durch die bewaffneten Konflikte waren für sie Alltag. Jetzt lebt sie in Cali in Kolumbien und möchte studieren und Spanisch lernen. Ihr größtes Ziel ist dafür zu sorgen, dass die Bräuche und Sprache ihrer Gemeinschaft nicht verloren gehen. Melak ist 19 Jahre alt und ist der Sohn des Stammesoberhaupts der Orang Rimba in Zentral-Sumatra, Indonesien. Die Orang Rimba leben im Dschungel fernab von moderner Infrastruktur. Sie leben als Jäger und Sammler. Die meisten bekommen keine Bildung. Der Glauben seines Stammes wird vom Staat und der Gesellschaft nicht anerkannt. Aus diesem Grund erfahren die Kinder oft Diskriminierung und Ausgrenzung. Das Gebiet für die Orang Rimba ist in den letzten Jahren geschrumpft, was das Jagen erschwert. Ihr Wald grenzt an einen Nationalpark, in dem sie sich nicht frei bewegen dürfen. Sie benötigen eine Genehmigung, um das Gebiet des Nationalparks zu betreten, da sie inhaftiert werden können. Melak entschied sich 2014 zur Sokola Rimba, der Dschungelschule, zu gehen. Dort lernen die Schüler lesen, schreiben und rechnen – in ihrer eigenen Sprache und auf eine Weise, die den Lehr- und Lernmethoden ihrer Kultur entspricht. So wird für sie auch das Risiko ausbeuterischer Kinderarbeit reduziert. Jetzt bildet sich Melak zum Lehrer aus und engagiert sich auch für die Interessen der Orang Rimba im Nationalpark. Sein größter Wunsch ist, dass Kinder seines Volkes die Bräuche und Kultur kennen, lernen können und auch die eigenen Rechte nicht vergessen. Die 16-jährige Judith lebt in Quispillacta, einer Quechua-Gemeinde in Peru. Dort ist die kulturelle und biologische Vielfalt durch die Folgen der Klimakrise und Umweltzerstörung bedroht. Am stärksten betroffen sind die Kinder und Jugendlichen aus ländlichen und indigenen Gemeinschaften. Gemeinsam mit anderen setzt sich Judith dafür ein, dass das traditionelle indigene Wissen weitergegeben wird, was dazu beitragen kann, dass Menschen dort besser vor dem Klimawandel gewappnet sind. So können marginalisierte indigene Kinder ihre gemeinschaftliche Identität und ihr kulturelles Erbe bewahren und sich in der Zukunft entwickeln. 3)

Die Abschaffung von Kinderarbeit und der Ausgrenzung indigener Kinder vor allem im Bildungsbereich erfordern Maßnahmen, die auch die Förderung und den Schutz der Rechte marginalisierter Völker im weiteren Sinne umfassen, so die Studie. Dazu gehören die Schaffung von Mechanismen für die Beteiligung indigener Völker an der Entscheidungsfindung, an der Gestaltung und Umsetzung von politischen Richtlinien und Programmen, der erleichterte Zugang zu kulturell angemessener, hochwertiger Bildung, zu sozialem Schutz und Schutz ihrer Landrechte.

  1. ILO: Indigenous children at high risk of being in child labour; Artikel vom 26.09.2023
  2. ILO: Issue paper on child labour and education exclusion among indigenous children; Studie vom 25.09.2023
  3. tdh: Indigene Kinder und Jugendliche fordern ihre Rechte ein; Artikel vom 08.08.2023



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