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Über 300.000 Kinder in Italien haben Kinderarbeit erlebt – kaum Verbesserungen in den letzten 20 Jahren

Kinder, die hart auf der Baustelle arbeitenKinderarbeit ist in Italien noch immer ein großes jedoch unbeachtetes Problem |  Bild: Kinder, die hart auf der Baustelle arbeiten © Tinnakorn Jorruang | Dreamstime.com [Royalty Free]  - DreamstimeKinder, die hart auf der Baustelle arbeiten

Kinderarbeit ist in Italien noch immer ein großes jedoch unbeachtetes Problem | Bild: Kinder, die hart auf der Baustelle arbeiten © Tinnakorn Jorruang | Dreamstime.com [Royalty Free] - Dreamstime

Nicht nur im globalen Süden gibt es ein Problem mit Kinderarbeit, sondern auch in Europa. Mit einer Umfrage untersuchte die NGO Save the Children, wie viel Kinderarbeit immer noch in Italien existiert. Dabei stieß sie auf bedrückende Ergebnisse: Um die 7 Prozent der 7 – 15 jährigen und 20 Prozent der 14-15 jährigen haben schon gearbeitet. Von diesen 14-15 jährigen haben ungefähr 30 Prozent einen Job ausgeübt, der potentiell schädlich für die physische oder psychische Entwicklung der Kinder war. In diesen Bereich fallen Tätigkeiten, die gefährlich sind, in der Nacht ausgeübt werden oder kontinuierlich während der Schulzeit stattfinden. Der größte Teil der Kinder arbeitet in den Bereichen Gastronomie, Einzelhandel, Landwirtschaft oder auf der Baustelle. Damit hängen einige schwerwiegende Probleme für die Minderjährigen zusammen. So ist es für arbeitende Kinder doppelt so wahrscheinlich, eine Klasse wiederholen zu müssen. Auch gibt es einen Zusammenhang von Kinderarbeit und Jugendkriminalität. 40 Prozent derjenigen, die mit dem Jugendstrafsystem aneinandergeraten sind, sind schon vor dem erlaubten Arbeitsalter einer Tätigkeit nachgegangen. 10 Prozent von diesen haben schon gearbeitet, bevor sie 11 Jahre alt waren. 1) 2)

Die Zahl der Kinder innerhalb Italiens, die Kinderarbeit erlebt hat, beträgt 2023 um die 330.000. Vergleichsweise haben nach einer Studie aus dem Jahre 2000 um die 370.000 italienische Kinder im Alter von 7 bis 15 schon gearbeitet. Damit ist die Anzahl der Kinderarbeiter seit 2000 leicht gesunken. Dennoch ist eine Verringerung von „nur“ 40.000 über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten nicht genug im Kampf gegen die Kinderarbeit. Jedoch gibt es auch Grund zur Hoffnung. Dank einer neuen Richtlinie der EU von 2021 sind Mitgliedsländer dazu verpflichtet, einen Child Gurantee National Action Plan zu entwickeln, welcher gegen Kinderarmut vorgehen soll. Der italienische Plan wurde im April 2022 veröffentlicht und hat seine Schwerpunkte auf frühkindliche Bildung und Kinder, die alternative Betreuung benötigen (besonders Kinder aus Migrantenfamilien und ethnische Minderheiten wie Sinti und Roma), gesetzt. 1) 3) 4)

Die Gründe für die vergleichsweise hohe Anzahl an italienischen Kinderarbeitern sind vielschichtig, aber der häufigste ist Kinderarmut. Italien zählt zu den Ländern der europäischen Union mit der höchsten Kinderarmutsquote. Stand 2018 waren über 30 Prozent der Kinder in Italien von Armut bedroht. Die Chance, in Italien als Kind in Armut zu leben, beträgt für ein Einzelkind 7 Prozent und für ein Kind mit Geschwistern 30 Prozent. Um ihren Familien zu helfen, nehmen dann einige der Kinder einen Job an oder werden kriminell. Die italienische Mafia wirbt diese Kinder gezielt an, um sie im Drogenhandel zu benutzen. 5) 6)

Auch Migrantenkinder sind oftmals in der Falle der illegalen Arbeit gefangen. So müssen diese als billige Arbeitskraft herhalten oder prostituieren sich, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. 2015 hat ein römischer Arzt berichtet, dass 50 Prozent aller unbegleiteten männlichen afrikanischen Minderjährigen, die in sein Krankenhaus kommen, Opfer sexueller Ausbeutung waren. 7)

Die arbeitenden Kinder haben sich auch selbst zu Wort gemeldet. So erzählte eine ehemalige Kinderarbeiterin von ihrem Job als „Mädchen für alles“ auf einem italienischen Campingplatz im Alter von ungefähr 12 Jahren: „Von morgens bis abends, nachts gab es drei Stündchen Schlaf, dann ging es weiter.“ Ein weiterer ehemaliger Kinderarbeiter berichtet davon, dass er schon mit 8 Jahren anfangen musste, im Fahrgeschäft seines Vaters zu arbeiten und auch später mit 13 Jahren noch als Klempner und Maurer aktiv war. Während dieser Zeit ging er fast nie zur Schule. 8)

Als Antwort auf die hohe Anzahl an Kinderarbeitern hat UNICEF 2022 eine Watchdog Aktion gestartet. Dafür wurde in Rom eine Beobachtungsstelle für die Prävention von Gesundheitsschäden durch reguläre und irreguläre Kinderarbeit eingerichtet. Die Koordinatorin der Beobachtungsstelle erklärte, dass es in Italien ein Problem gäbe „mit einer schlechten Wahrnehmung der Kinderarbeit und der mit ihrer Ausbeutung verbundenen Risiken, ein hohes Maß an Fehlinformationen und eine Unterschätzung eines Problems, das allen beteiligten Kindern enormen Schaden zufügen kann“. Die Beobachtungsstelle könnte eine vielversprechende Möglichkeit sein, der italienischen Bevölkerung die problematische Situation vieler Kinder im eigenen Land aufzuzeigen und dadurch das Bewusstsein gegenüber Kinderarbeit zu stärken. 9)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. savethechildren: save the children’s survey on child labour in italy 2023; stand 2023
  2. euractiv: Umfrage zeigt beunruhigende Daten zur kinderarbeit in Italien; artikel vom 5. april 2023
  3. eurofound: child labour in italy analysed; artikel vom 27. Dezember 2000
  4. eurochild: Italy’s child gurantee national action plan – an overview; artikel vom 17. Juni 2022
  5. op.europa: Bekämpfung der Kinderarmut – Unterstützung durch die Kommission muss gezielter erfolgen; stand 2020
  6. borgenproject: 3 facts about child poverty in Italy; Artikel vom 9. September 2022
  7. reuters: Migrant children fleeing poverty face labor, sex exploitation in Italy; artikel vom 1. Juni 2015
  8. zdf: Mit 13 auf dem Bau oder dem Schlachthof; 27. April 2023
  9. minori.gov: Setting up the observatory for the prevention of health damage from child labour; artikel vom 5. Juli 2022



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