Kinderarbeit in den USA ist derzeit ein viel diskutiertes Thema in den Medien. Das amerikanische Arbeitsministerium verzeichnet einen Anstieg der Bundesverstöße gegen Kinderarbeit, und zwar um fast 70 Prozent seit 2018. 1)
Erst kürzlich fanden Ermittler 305 Minderjährige unter 16, die in mehreren Filialen einer großen Fast-Food-Kette beschäftigt wurden – und zwar über die gesetzlich erlaubten Arbeitszeiten hinaus. Darunter befanden sich zwei 10-Jährige, die in einem Restaurant in Louisville, Kentucky, unbezahlt und teilweise bis 2 Uhr morgens arbeiteten. Neben Tätigkeiten wie Bestellungen Abfertigen und Putzen, sollen sie auch die Fritteuse bedient haben. Das ist unter 16-Jährigen eigentlich nicht erlaubt. Die drei Franchise-Unternehmer erwartet eine Geldstrafe von insgesamt 212.544 US-Dollar. Sie unterschlugen auch routinemäßig die Auszahlung von Überstunden. 2)
Die Arbeitsgesetze zum Schutz von Minderjährigen untersagen 14- und 15-Jährigen die Betätigung während der Unterrichtszeit, oder nach 19 Uhr. In Schulwochen dürfen sie nicht mehr als 18 Stunden arbeiten, maximal drei Stunden pro Tag. Diese Bestimmungen werden häufig nicht eingehalten. Doch anstatt dem beispielsweise mit härteren Sanktionen entgegen zu steuern, lockern einige Staaten derzeit die Regelungen. In Iowa wurde am 18. April ein Gesetz verabschiedet, das die erlaubten Arbeitszeiten verlängert: Bis zu sechs Stunden täglich und Spätschichten bis 23 Uhr. Auch in gefährlichen Branchen, wie im Bergbau, in Schlachthöfen, Kühlhäusern und Wäschereien können Kinder beschäftigt werden, unter dem Deckmantel von Lernprogrammen. Ab 14 gibt es einen speziellen Führerschein für den Arbeitsweg. 16 Jährige dürfen mit Erlaubnis der Eltern Alkohol ausschenken. Das Gesetz schützt gleichzeitig Unternehmen vor Haftung für Tod oder Verletzungen am Arbeitsplatz. Ähnliche Beschlüsse gab es bereits in New Jersey und Ohio. 2) 3)
Den Befürwortern zufolge werden den Jugendlichen so bessere Jobmöglichkeiten geboten. Demokraten warnen, dass die Lockerungen eine Bedrohung für das Kindeswohl darstellen. Insbesondere Kinder von ärmeren Familien und Migranten seien betroffen. Zach Wahls, der Oppositionsführer im Senat, kritisierte die republikanischen Politiker Iowas, den Arbeitskräftemangel auf Kosten der Kinder lösen zu wollen. 4) 5)
Laut einer Studie des DOL wurden mehr als 64 Prozent der Verstöße gegen Kinderarbeit in letzter Zeit in der Gastronomie begangen. Doch nicht nur in den USA, sondern weltweit ist die Zahl der arbeitenden Kinder wieder gestiegen. 2020 waren es laut ILO 160 Millionen – das bedeutet etwa jedes zehnte. Mit der Pandemie verloren viele Eltern den Arbeitsplatz – vor allem im Tourismussektor – und sind deshalb auf ein zusätzliches Einkommen der Kinder angewiesen. 6) 7) 8)
Wer schon mal in der Gastronomie gearbeitet hat, weiß, dass Stress zum Job dazugehört. Hektik, Lautstärke, unfreundliche Kunden – kein Umfeld für Heranwachsende. Schulbildung sollte für diese oberste Priorität einnehmen. Lange Arbeitszeiten oder Nachtschichten halten sie hingegen vom Schlaf und vom Unterricht ab. In der Küche setzt man sich zudem einem erhöhten Unfallrisiko aus: In einem Fast-Food Restaurant Filiale im US-Bundesstaat Tennessee verletzte sich im Juni 2022 ein 15 Jähriger beim Bedienen einer Fritteuse. Besonders in Bars oder Restaurants in der Nähe von Vergnügungsvierteln besteht vermehrt die Gefahr sexuellen Missbrauchs. In einer Umgebung, in der Menschen Alkohol und Drogen konsumieren, haben Kinder als Servicekräfte nichts zu suchen. 2) 9)
Hier ist Zivilcourage gefragt: Bei Verdacht oder Beobachtung von sexualisierter Gewalt oder Ausbeutung von Minderjährigen im Alltag, im Urlaub oder online, kann man den Vorfall auf der Website von Ecpat Deutschland e.V. in Kooperation mit dem Bundeskriminalamt melden.
Während Auslandsaufenthalten können wir außerdem darauf achten, einen Reiseveranstalter zu wählen, der Kinderschutz priorisiert. Ein Anhaltspunkt dafür bietet das Nachhaltigkeitslabel TourCert, oder die Unterzeichnung des Kinderschutzkodex The Code. Sinnvoll ist es auch, wenn möglichst viel Geld vor Ort ankommt. Gute Einkommen der Eltern schützen vor Kinderarbeit. 8)
- U.S. Department of Labor: Child Labor , Stand Mai 2023↩
- U.S. Department of Labor: Three McDonald’s franchisees in Kentucky pay $212K in fines after federal investigations find 305 minors — including 10-year-olds — working illegally , Artikel vom 02.05.23↩↩↩
- Junge Welt: Neue Ära der Kinderarbeit , Artikel vom 25.04.23↩
- The Guardian: Iowa state senate votes to allow children to work longer hours and serve alcohol , Artikel vom 18.04.23↩
- CNN: Iowa lawmakers pass legislation to roll back child labor protections , Artikel vom 03.05.23↩
- Food & Environment Reporting Network: The child workers who feed you , Artikel vom 18.04.23↩
- ILO: Children in Child Labour , Stand Mai 2023↩
- GEW: Souvenirs aus der Kinderarbeit , Artikel vom 18.07.22↩↩
- ECPAT Deutschland e.V.: Kinderrechte im Fokus – den Neustart des Tourismus gestalten , Publikation vom 27.09.22↩