„Ich habe sechs Kinder und sie wurden alle hier auf der Plantage geboren“, sagte Moses Diah, eine in Liberia arbeitende Mutter. „Ich wollte, dass sie eine angemessene Schulbildung erhalten, doch diese gibt es hier nicht für sie. Stattdessen sind sie gezwungen, mir jeden Tag beim Klopfen von Latex zu helfen.“ So geht es Tausenden von Arbeitern auf Kautschukplantagen. Tägliches Leid plagt die dort lebenden Menschen stark. Kaum einer schafft die Arbeit allein, weshalb meist die ganze Familie mithelfen muss, um die anstehenden Arbeiten zu bewältigen. 1)
Als Latex bezeichnet man den Milchsaft der tropischen Kautschukbäume (Hevea brasiliensis). Es ist der Rohstoff für die Herstellung von Naturkautschuk und Naturgummi. Gewonnen wird Latex aus der Rinde der Kautschukbäume, welche eingeritzt werden, um den Milchsaft anschließend aufzufangen. Dieses Naturgummi ist somit der Grundstoff von ca. 50.000 Produkten, unter anderem Schnuller, Schuhe, Matratzen, Yogamatten, Gummistiefel, Kondome, Förderbänder und insbesondere Autoreifen, welche ca. 75 Prozent des Gesamtkautschukbedarfs ausmachen. 2)
Ursprünglich kam der Gummibaum nur im Amazonasbecken in Südamerika vor, wächst aber heute hauptsächlich in Asien. Aufgrund der besonderen Anforderungen an Temperatur und Niederschlag, sind die Gummibäume ideal in tropischen Gebieten aufgehoben. Die wichtigsten Wachstumsländer sind hierbei Thailand, Indonesien, Malaysia und Vietnam. Trotz des großartigen Nutzens von Kautschuk und der vielen positiven Aspekte, hat die Produktion dennoch ihre Schattenseiten. 2)
Auf Liberias größter Kautschukplantage, die Bridgestone / Firestone wird unter anderem Kinderarbeit betrieben. Schwache staatliche Betriebe, mangelnde Rechtsstaatlichkeit und eine fehlende Durchsetzung der Rechte der lokalen Bevölkerung prägen nicht wenige Anbauländer von Naturkautschuk. So sind auch immer wieder Fälle von Schuldknechtschaft und Kinderarbeit bekannt geworden. Insgesamt sind dies zwar keine flächendeckenden Probleme, es zeigt aber, wie wichtig es für die Unternehmen ist, die Herkunft ihres Gummis genau zu kennen, um solche Miseren ausschließen zu können. Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums (2010) wird Naturkautschuk mit Hilfe von Zwangsarbeit in Myanmar und auch mit Hilfe von Kinderarbeit in Kambodscha, Indonesien, Liberia, Myanmar und den Philippinen hergestellt.
Von Beginn an machen Kinder dieselbe Arbeit wie die Erwachsenen, manche sogar schon ab ihrem sechsten Lebensjahr. Sie tragen schwere Lasten kilometerweit, sprühen Pestizide und hantieren mit dem scharfen Messer zum Einritzen der Baumrinde. Schutzbekleidung, Handschuhe oder Masken kennen sie ebenso wenig wir ihre Eltern. Manchmal tragen sie nicht einmal Schuhe.
Ohne die Mithilfe der kompletten Familie könnte ein Kleinbauer seine Arbeit in nicht einmal 42 Stunden vollziehen. Deswegen arbeiten die Kinder der betroffenen Familien teils die ganze Nacht, um tagsüber die Schule besuchen zu können. In vielen Fällen müssen die Kinder den Schulbesuch früher oder später sogar ganz aufgeben, so auch ein 13 Jahre alter Junge namens Bayu aus Indonesien:“ Ich vermisse die Schule und meine Freunde. Ich möchte viel lieber lernen und spielen, aber ich muss jeden Tag auf der Kautschukplantage arbeiten, damit wir genug zu essen haben“. Die Arbeit bei der Kautschukproduktion bietet außerdem weitere gesundheitliche Risiken: Das Sprühen von Pestiziden kann bei Kindern zu dauerhaften Gesundheitsschäden führen, auch kann die Arbeit mit Kautschuk Allergien hervorrufen. Die Plantage in Liberia hat eine Schule, aber es werden nur Kinder bis 14 Jahre aufgenommen und die Standards sind niedrig. 3)
Auch in Deutschland ist Kautschuk von Relevanz. In der deutschen Kautschukverarbeitung verarbeiten rund 69.500 Mitarbeiter Kautschuk, davon arbeiten 19.600 in der Reifenindustrie. Der Gesamtproduktionswert dieser Branche beträgt 16,2 Milliarden Euro und ist daher für die deutsche Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. 4)
In Deutschland werden nur rund 275.000 Tonnen Rohstoffe im Zusammenhang mit der Kautschukproduktion verkauft. Im Vergleich zu China (2,6 Millionen Tonnen) ist dies fast nichts. Dennoch benötigt diese Menge bereits eine Anbaufläche von etwa 250.000 Fußballfeldern. Daher stehen deutsche Unternehmen und Konsumenten in direktem Zusammenhang mit der Rodung des Regenwaldes, der Landnutzung und vielen anderen ökologischen und sozialen Aspekten. Doch es gibt auch Unternehmen die verantwortungsbewusst versuchen, Kautschuk so nachhaltig wie möglich zu kaufen. 4)
Als Konsumenten können wir die nachhaltige Kautschukproduktion fördern, indem wir auf nachhaltige Alternativen zurückgreifen, wie zum Beispiel Produkte von Unternehmen die von Labels wie FSC, Fair Rubber, Rainforest Alliance Certified und gols zertifiziert worden sind. Diese Labels kaufen möglichst viel nachhaltigen Kautschuk ein, auch wenn es momentan noch schwierig ist passende Lieferanten zu finden. Trotzdem macht die nachhaltige Kautschproduktion stätig Fortschritte. 4)
- UTOPIA: Naturkautschuk: Das sind die Vor- und Nachteile des natürlichen Rohstoffs; Artikel vom 15.10.2018 ↩
- Waschbaer Magazin: Naturgummi- Was es ist und wie sein ökologischer Fußabdruck aussieht; Artikel vom 06.08.2019 ↩↩
- KONSUMENT.AT: Reifenhersteller im Ethik-Test; Artikel vom 18.03.2013 ↩
- business-biodiversity.eu: Produkte aus Naturkautschuk; Beitrag↩↩↩