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Corona-Krise: Kinderarbeit seit 20 Jahren wieder ansteigend

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Die Vereinten Nationen beschlossen 2015 die sogenannte “Entwicklungsagenda 2030”. Diese beinhaltet 17 Entwicklungsziele. Dazu gehört neben der Bekämpfung von Zwangsarbeit, moderner Sklaverei und Menschenhandel auch die Abschaffung der Kinderarbeit bis 2025. Durch die COVID-19-Pandemie hat allerdings besonders dieses Ziel einen starken Rückschlag erfahren. 1) 2)

Indirekt hat sich die Corona-Krise drastisch auf die Armut der Menschheit ausgewirkt. Seit zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Armen 2020 erstmals wieder gestiegen. Per Definition ist jeder, der pro Tag unter 1,60 Euro zur Verfügung hat, arm. Und das sind im letzten Jahr zwischen 9,1 und 9,4 Prozent der Weltbevölkerung gewesen – vermutlich 1,2 bis 1,5 Prozent mehr als ohne Pandemie. 3)

Begründen lässt sich diese Entwicklung durch den Anstieg an Arbeitslosigkeit, da in Entwicklungsländern – unter anderem durch fehlendes Internet und nicht vorhandene technische Ausstattung fast niemand die Möglichkeit hat, von Zuhause aus zu arbeiten. 4)

Ohne Arbeit gibt es auch kein Geld mehr und da eher Kinder als Erwachsene eingestellt werden – weil Firmen und Betriebe ihnen noch weniger für ihre Leistungen zahlen können – müssen Eltern ihre Kinder gezwungenermaßen zum Arbeiten schicken, um das Familieneinkommen zu erhöhen und ihre Grundbedürfnisse decken zu können. 5)

So erging es auch Ravis Familie. Nachdem seine Schule geschlossen wurde und seine Eltern abrupt ihre Arbeit als Putzfrau und Müllsammler verloren haben, fing der Zwölfjährige auf einer Baustelle an, um dort illegal umgerechnet circa drei Euro pro Tag zu verdienen. Das war der für die Familie einzig ersichtliche Weg, um an Nahrungsmittel zu gelangen. Dass es auch in Indien Ausganssperren und ein Kinderarbeitsverbot gibt, hat sie in ihrer Notlage nicht daran gehindert, eine Arbeit für ihren Sohn zu finden. 6)

Das Fehlen der technischen Ausstattung ist ebenfalls für den entstandenen Bildungsrückschlag verantwortlich. Kinder in Entwicklungsländern, denen es vor der Pandemie möglich war, in die Schule zu gehen, verfügen nicht über die Bedingungen, um via Onlineunterricht von Zuhause aus zu lernen. 4)

Laut Angaben der Vereinten Nationen sind zur Zeit des weltweiten Lockdowns im Mai 1,5 Milliarden Schüler*innen nicht in die Schule gegangen. 7)

So erweitert sich der Kreis der Betroffenen auch über längere Zeit, denn – so Kinderrechtsreferentin Antje Lüdemann-Dundua: “Die Kinder werden ihrer Zukunft beraubt. Viele von ihnen werden nicht mehr in die Schule zurückkehren. Sie verlieren die Chance auf ein besseres Leben.”. 8)

Ohne eine schulische Ausbildung werden sie im Erwachsenenalter – wie ihre Eltern auch – keine qualifizierte Arbeit ausführen und nicht ausreichend verdienen können. Das wird auch sie dazu zwingen, ihre eigenen Kinder zum Arbeiten zu schicken. 9)

Neben oben genannten Auswirkungen war die Mahlzeit in der Schule oft die einzige für Kinder und Jugendliche. Dadurch dass sie die Schule nun nicht mehr besuchen können, entfällt allerdings auch diese. Ohne arbeiten zu gehen, können die Minderjährigen also gar keine Nahrung zu sich nehmen, da die Eltern nicht ausreichend Geld verdienen, um sich Verpflegung für die ganze Familie leisten zu können. 10)  

So müssen Kinder beispielsweise auf Müllhalden, in Fabriken und in Steinbrüchen arbeiten. 11)

Am meisten aber kommt Kinderarbeit mit über 70 Prozent im Bereich der Landwirtschaft vor. Die Bauern können durch ihren geringen Gewinn keine Landarbeiter einstellen und müssen so auf die Minderjährigen zurückgreifen. Zwei Millionen Kinder schuften allein auf den Kakao-Feldern in Ghana und der Elfenbeinküste. Und das ist nicht ungefährlich. Der Einsatz von schädlichen Pestiziden ohne ausreichende Schutzkleidung macht die Arbeit insbesondere für Kinder gefährlich. 12) 7) 13) 

Ein weiteres Problem stellt der Geldverleih an Arme in Entwicklungsländern dar. Während sich Behörden auf die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus konzentrieren, werden Darlehen mit Zinswerten von bis zu 20 Prozent pro Woche vergeben. Die Menschen haben durch den Verlust ihrer Arbeitsstellen meist keine andere Wahl, als die Abmachung anzunehmen. Natürlich sind die Bedürftigen nicht im Stande, das Geliehene wieder zurückzuzahlen und verfallen so in eine noch größere Armut. Als Schuldausgleich fordern die Verleiher dann, dass ein Familienmitglied für sie arbeitet. 14)

Die ungleichen Lebensbedingungen zwischen Entwicklungs- und nicht Entwicklungsländern müssen durch technische Versorgung, Lebensmittelunterstützung, funktionierende Kinderschutz- und soziale Sicherungssysteme ausgeglichen werden. 15)

Eine konkrete Vorgehensweise wird bereits mit dem Lieferkettengesetz in Frankreich sowie den Niederlanden erprobt und auch Deutschland geht erste Schritte, um sich seinen Vorgängern anzuschließen. 16)

  1. Unsere Zeitung: Agenda 2030: UN-Entwicklungsziele SDGs mit Rückstand nach dem ersten Drittel; Artikel vom 13.01.2021
  2. Welternährung: Kinderarbeit in der Landwirtschaft: Wo liegt der Schlüssel zur Wende?; Artikel vom Dezember 2020
  3. Die Presse: Extreme Armut steigt wegen Corona erstmals seit Jahren; Artikel vom 08.10.2020
  4. t-online: Ich habe Angst, Corona zu bekommen und zu verhungern; Artikel vom 29.10.2020
  5. World Vision: World-Vision-Report: Deutlicher Anstieg der Kinderarbeit feststellbar; Covid19-Pandemie zerstört die Zukunft von Kindern weltweit; Artikel vom 10.06.2020
  6. terre des hommes: Corona: Millionen Kinder werden arbeiten müssen; aufgerufen am 19.01.2021
  7. MiGAZIN: Corona-Krise zwingt zu Kinderarbeit; Artikel vom 14.08.2020
  8. Radionetzwerk Deutschland: Wegen Corona-Krise mehr Kinderarbeit in vielen Ländern; Artikel vom 10.06.2020
  9. Welternährung: Kinderarbeit in der Landwirtschaft: Wo liegt der Schlüssel zur Wende?; Artikel vom Dezember 2020
  10. NÖN.at: Coronakrise; Fehlende Schulmahlzeiten gefährden 370 Millionen Kinder; Artikel vom 29.04.2020
  11. World Vision: World-Vision-Report: Deutlicher Anstieg der Kinderarbeit feststellbar; COVID19-Pandemie zerstört die Zukunft von Kindern weltweit; Artikel vom 10.06.2020
  12. Welternährung: Kinderarbeit in der Landwirtschaft: Wo liegt der Schlüssel zur Wende?, Artikel vom Dezember 2020
  13. help ORF.at: Verbotene Pestizide und Kinderarbeit in Schokolade; Artikel vom 23.03.2016
  14. terre des hommes: Corona: Millionen Kinder werden Arbeiten müssen; aufgerufen am 19.01.2021
  15. t-online: Corona und Kinderarbeit; „Ich habe Angst, Corona zu bekommen und zu verhungern“; Artikel vom 29.10.2020
  16. terre des hommes: Es geht um die Einhaltung der grundlegenden Menschnenrechte; Artikel vom 23.07.2020



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