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BMZ veröffentlicht Leitfaden für eine nachhaltige Textilbeschaffung

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Importeur von Kleidung weltweit. Dabei stammen über 90 Prozent unserer Kleidung, die in Deutschland oder generell im Westen getragen wird, aus Asien. Am meisten wird in China, Indien und Bangladesch produziert. Doch gerade hier sind die Arbeitsbedingungen für die mehrheitlich arme Bevölkerung oftmals sehr schlecht. Das gilt besonders für die Textilindustrie, sowohl auf den Baumwollfeldern als auch in den Fabriken. So arbeiten trotz gesetzlicher Regelungen viele Näher und Näherinnen bis zu 16 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Krankheits- und Urlaubsgeld gibt es in vielen Betrieben nicht. Verstöße gegen die Arbeitsrechtsbestimmungen werden nur selten verfolgt und bleiben ohne Konsequenzen. 1)

Auch Kinderarbeit ist in der Kleidungsindustrie keine Seltenheit. Sie werden an fast jedem Punkt der Lieferkette eingesetzt: Bei der Baumwollernte und zur Schädlingsbekämpfung bis zur Endfertigung der Textilien, also Nähen, Färben und Besticken der Stoffe. Dabei arbeiten die Kinder oft unter menschenunwürdigen Bedingungen und werden gesundheitsschädlichen Belastungen ausgesetzt. Die Arbeit ist hart und lang. Der Einsatz von giftigen Chemikalien und Pestiziden und teils schweren, gefährlichen Werkzeugen führt häufig zu langfristigen gesundheitlichen Beschwerden. 2)

Immer wieder geschehen auch Unglücke und Katastrophen, wie der Einsturz der achtstöckigen Fabrik Rana Plaza in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch im Jahre 2013. Mehr als 1100 Menschen kamen ums Leben und mindestens weitere 2000 wurden verletzt. In solchen Fabriken werden beispielsweise T-Shirts produziert, die bei uns für unter 5 Euro über die Ladentheke gehen. Unter unserem Konsumverhalten und unserer „Fast-Fashion“- bzw. Wegwerfgesellschaft leiden so anderswo in der Welt viele Menschen. 3) 4)

Um diese Missstände zu bekämpfen und um Käufer *innen beim nachhaltigen Einkauf zu helfen, gibt es mittlerweile viele Zertifikate, die garantieren sollen, dass ein Produkt sozial fair, ohne Kinderarbeit und unter Bedacht von Umweltstandards hergestellt wurde. Im Bereich von Mode und Textilien allgemein sind das zum Beispiel das „Blaue Engel“- Siegel für Textilien oder das „Fair Trade Cotton“- Siegel. Auch von Seiten der Bundesregierung gibt es seit 2019 das Textilsiegel „Grüner Knopf“.

Der Bund, Länder und Kommunen geben für Textilien rund 500 Milliarden Euro jährlich aus. Deshalb muss der Staat bei der nachhaltigen Beschaffung mit gutem Beispiel vorangehen. Nun hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen Leitfaden herausgebracht, der erstmals klare soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien entlang der gesamten Textil-Lieferkette definiert. Damit erleichtert er Stellen des Bundes eine verantwortungsvolle Beschaffung. Denn Textilien der öffentlichen Hand sollen bis 2030 zu 100 Prozent fair und nachhaltig produziert werden. Dazu zählen beispielsweise die Uniformen der Bundeswehr und Ärztekittel. 5)

Hierbei soll auf Menschenrechte und die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards großer Wert gelegt werden.

Die öffentlichen Beschaffungsstellen sind also bemüht, ihr Einkaufsverhalten nachhaltig zu gestalten. Laut dem BMZ kann das bedeuten, dass in der gesamten Lieferkette Lebensräume erhalten und geschont, Ressourcen wie Energie, Rohmaterialien und Wasser, effizient eingesetzt , Schadstoffemissionen in Luft, Boden und Wasser reduziert und vermieden werden. Ebenfalls steht die Reduzierung bzw. Vermeidung der Gesundheitsbelastung und die Sicherung der sozial-verantwortlichen Arbeitsbedingungen im Vordergrund. Mit diesem Bekenntnis für den Schutz von Mensch und Natur in den Lieferketten will die Regierung also auch die Ausbeutung von Arbeiter*innen in der Textilindustrie bekämpfen, dazu zählt auch Kinderarbeit. 6)

Dies soll von verschiedenen Siegeln wie dem Blauen Engel oder eben dem Grünen Knopf zertifiziert werden. Hier gibt es genaue Kriterien, die ein bestimmtes Produkt, aber auch der Hersteller einhalten muss, um sich mit dem Siegel schmücken zu können. Beispielsweiße sind das die Auszahlung von Mindestlöhnen bzw. existenzsichernden Löhnen, Festlegung und Durchsetzung eines Mindestalters und Einhaltung von CO2-Emmisionswerten. 6)

Doch letztendlich versteht sich der Leitfaden ganz klar nur als Empfehlung zu den Anforderungen, die die einzelnen Beschaffungsstellen voraussetzen. Die Stellen der öffentlichen Hand legen also die Qualitätsanforderungen individuell fest, die dann für die Lieferanten und Produzenten der Textilprodukte gelten müssen. 7)

Es ist ein gutes Signal, das die Regierung mit dieser Empfehlung sendet, aber dabei bleibt es leider auch zunächst. Es fehlt noch viel, bis die nach ILO Konvention verbotenen schlimmsten Arten der Kinderarbeit bekämpft sind und Kinder und generell der Bevölkerung in Schwellen- und Entwicklungsländern fair bezahlte Alternativen und menschenwürdige, nachhaltige Existenzgrundlagen angeboten werden. Ein Lieferkettengesetz, das Konzerne verpflichtet, alle ihre Produktionsstandorte genau zu prüfen und eine sozial faire und ökologisch nachhaltige Produktion zu gewährleisten, ist notwendig, um dies durchzusetzen. Denn solange nur Empfehlungen herausgegeben werden, wird sich immer die billigste Produktion durchsetzen, die nachhaltige Standards vernachlässigt.

  1. BMZ: Nachhaltige Textilien Eine Frage der Verantwortung!; Publikation aus dem September 2019
  2. Better cotton: BCI scoping research on labour and social issues in global cotton cultivation; Publikation aus dem Oktober 2006
  3. Bundeszentrale für politische Bildung: Vor fünf Jahren: Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch eingestürzt; Artikel vom 23.04. 2018
  4. BMZ: Nachhaltige Textilien- Eine Frage der Verantwortung!; Publikation aus dem September 2019
  5. BMZ: Leitfaden veröffentlicht: Bundesregierung stärkt nachhaltige Textilbeschaffung; Meldung vom 05.01.2021
  6. BMZ: Leitfaden der Bundesregierung für eine nachhaltige Textilbeschaffung der Bundesverwaltung; Publikation aus dem Oktober 2020
  7. Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg e.V: Leitfaden für nachhaltige Textilbeschaffung; zuletzt aufgerufen am 26.01.2021



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