Bewaffnete Konflikte werden meist von erwachsenen Entscheidungsträgern begonnen und geführt. Doch die Last sowie die Folgeerscheinungen der Kriege trägt meist die minderjährige Bevölkerung, welche die Folgen meist direkt zu spüren bekommt. Das ist auch im Syrienkonflikt der Fall. Die Kinder in Syrien sind die größten Opfer der langanhaltenden Eskalation. Den meisten der betroffenen Kinder wird der Zugang zur Bildung verwehrt, aber was noch schlimmer ist: Viele müssen hart arbeiten um das tägliche Überleben der Familie und die eigene Existenz zu sichern. Für viele geflüchtete Kinder und Jugendliche innerhalb Syriens und in den Nachbarstaaten des Landes ist dies inzwischen zur Normalität geworden.
Der Grund dafür ist die allgegenwärtige Zerstörung sowie die Vertreibung aus ihrer Heimat. Der Krieg in Syrien, welcher in wenigen Tagen in das zehnte Jahr geht, hat viele Existenzen zerstört. Noch zeichnet sich kein Ende des langanhaltenden Konflikts ab. Vermutlich können viele der geflüchteten Menschen nicht wieder in ihre Heimatregionen und somit nicht zu ihrem früheren Leben zurückkehren. Das Ausmaß der Vernichtung von Lebensgrundlagen hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Vielerorts ist ein beträchtlicher Teil der Infrastruktur vollkommen zerstört. Essentielle Bereiche, wie Krankenhäuser und Schulen, liegen größtenteils in Schutt und Asche. Aufgrund der vielen zerstörten Schulen wird den Kindern der Zugang zur Bildung beraubt, dadurch verschlechtern sich ihre Chancen auf ein normales Leben dramatisch. Für viele Kinder bleibt dann nur noch die Arbeit. An einen schnellen Wiederaufbau der zerstörten Bereiche ist derzeit nicht zu denken. Dies bewegt die Menschen zur Flucht und viele Flüchtlingslager in Syrien und in den angrenzenden Staaten sind deshalb heillos überfüllt. Aufgrund der großen Zerstörung, werden die geflüchteten Menschen auf immer kleineren Gebieten zusammengedrängt. Diese Gebiete sind noch halbwegs bewohnbar, doch die Lage für viele Menschen bleibt dort weiterhin prekär. Viele Kinder sind auch alleine ohne Eltern oder Angehörige auf der Flucht und darum umso mehr auf Schutz angewiesen. Auf ihrer Flucht sind die Erwachsenen, aber vor allem die Kinder, schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Viele Kinder sind von den Strapazen und Erlebnissen der Flucht und des Kriegs traumatisiert. Mehr als acht Millionen Kinder sind vom Krieg in Syrien betroffen, ein normales Leben ist für sie kaum mehr möglich. 1) 2) 3)
Auch nach der Flucht haben für viele die Menschenrechtsverletzungen kein Ende. Nach den meist traumatischen Erlebnissen der Flucht folgt für die Kinder die Gewissheit arbeiten zu müssen. Angekommen in den kleinen Flüchtlingslagern oder in den noch bewohnbaren Gebieten, haben die Erwachsenen bald alle Ersparnisse aufgebraucht und müssen zu drastischeren Überlebensmaßnahmen greifen. Die meisten Kinder müssen die Familie finanziell unterstützen, um ihre Existenz zu sichern. Die Familien sind auf das Einkommen der Kinder und Jugendlichen angewiesen. Erwachsene dürfen oft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, da sie im Aufnahmeland keine Arbeitserlaubnis erhalten. Somit können sie nicht für die Familie sorgen. Viele Eltern haben keine Wahl, sie müssen ihre Kinder zum Arbeiten auf die Straße schicken. Viele der syrischen Flüchtlingskinder im Libanon, aber auch in den anderen syrischen Nachbarstaaten, sind auf der Straße und den Feldern unterwegs und arbeiten. Normalerweise sollten sie die Schule besuchen und lernen, doch die Familien brauchen finanzielle Mittel und an normalen Unterricht ist kaum noch zu denken. Viele der jungen geflüchteten syrischen Mädchen werden von den Eltern in eine Zwangsehe geschickt. Die Erwachsenen erhoffen sich ein besseres Leben für ihre Kinder. Doch die Realität sieht meist anders aus. Den syrischen Kindern wird die Kindheit geraubt, doch sie haben in ihrer Situation keine andere Wahl. Viele der Kinder verrichten auf Baustellen und in Fabriken schwere und vor allem lebensgefährliche Arbeit. Die Folgen dieser Arbeit begleitet manche das ganze Leben. Andere werden wiederum als Soldaten rekrutiert und dadurch noch mehr traumatisiert. An eine normale Arbeitswoche von fünf Tagen ist nicht zu denken, die meisten Kinder arbeiten sechs oder sieben Tage in der Woche. Die Kinder sind aufgrund ihrer aussichtslosen Lage und Hilflosigkeit Ausbeutung, Missbrauch und Gewalt schutzlos ausgeliefert. Auch Kinder, die alleine ohne Erwachsenen reisen, sind von diesen Missständen betroffen und benötigen schnell Hilfe. 2) 4) 5)
Hier sofort passende und lösungsfördernde Maßnahmen zu treffen, gestaltet sich als schwierig, da viele unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessen beim Konflikt in Syrien aufeinander treffen. Die Bundesregierung hat mitgeteilt, die Menschen in Syrien mit zusätzlichen 100 Millionen Euro finanziell unterstützen zu wollen. Inwiefern diese Hilfszahlungen dann bei der Bevölkerung und vor allem bei den Kindern, die am meisten auf die Hilfe angewiesen sind, ankommen, bleibt abzuwarten. Die Europäische Union hat derzeit noch keine Lösung für die Aufnahme von Flüchtlingen gefunden, deshalb müsste den Menschen direkt vor Ort geholfen werden. Es müssten gezielt die Ursachen der Flucht bekämpft werden, um den Familien in Not zu helfen und die Ausbeutung der Kinder zu verhindern. Außenminister Heiko Maas fordert das Ende der Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser. Eine intakte Infrastruktur und ein schneller Wiederaufbau der zerstörten Regionen wären die ersten Schritte in die richtige Richtung. Die Kinder könnten dadurch wieder von der Straße in die Schulen kommen und ein normales Leben als Kind führen, fernab von harter Arbeit und kriegerischer Zerstörung. 6)
- Terre des Hommes: Weil wir überleben wollen; Stand 12.03.2020↩
- Entwicklungspolitik online: Satellitenbilder von Idlib zeigen Ausmaß von Zerstörung und Vertreibung; Artikel vom 05.03.2020↩↩
- Humanium: Kinder in Syrien; Stand 12.03.2020↩
- Terre des hommes: Frühehen und Kinderarbeit; Stand 12.03.2020↩
- Süddeutsche Zeitung: Wie Flüchtlingskinder ausgebeutet werden; Artikel vom 08.06.2016↩
- Redaktionsnetzwerk Deutschland: Bundesregierung bietet 100 Millionen Euro für Notleidende in Idlib an; Artikel vom 05.03.2020↩