Zum Inhalt springen

Kinderhandel in Lateinamerika weiterhin problematisch

Ein Kleinkind lehnt sich aus einer Holzhütte herausKind in Lateinamerika |  Bild: United Nations Photo Internally Displaced Indigenous in Colombia © UN Photo/Mark Garten [CC BY-NC-ND 2.0]  - flickrEin Kleinkind lehnt sich aus einer Holzhütte heraus

Kind in Lateinamerika | Bild: United Nations Photo Internally Displaced Indigenous in Colombia © UN Photo/Mark Garten [CC BY-NC-ND 2.0] - flickr

Anfang November 2018 hat die Polizei in der peruanischen Stadt Arequipa 15 Mitglieder einer Menschenhändlerbande verhaftet. Dabei fand sie ein 4 Monate altes Mädchen, als sie Razzien in 18 verschiedenen Gebäuden und mehreren Privatkliniken durchführte. Unter den Verhafteten befand sich der ehemalige Polizeichef Raúl Becerra Velarde. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft soll seine Partnerin die Bandenchefin und rechte Hand der Bande gewesen sein. Er war von 2010 bis 2011 oberster Polizeichef. Er selbst wird beschuldigt, eine Todesschwadron gebildet und eine Polizisten sexuell belästigt zu haben.

Der Menschenhändlerring soll es auf junge, schwangere Frauen abgesehen haben. Die Bande arbeitete mit Angestellten der Krankenhäuser zusammen. Der Gynäkologe und der Kinderarzt gehörten zu den Verhafteten. Sie lieferten die Informationen über „potentielle Kandidatinnen“ an die Bande. Dabei handelte es sich weitestgehend um Frauen aus ärmeren Bevölkerungsschichten, die ungewollt schwanger wurden. Die Frauen waren oft verzweifelt und beschlossen, die ungeborenen Kinder abzutreiben. Die Bandenmitglieder lauerten den schwangeren Frauen vor Kliniken auf und überredeten sie, das Kind zu bekommen. Nach der Geburt übergaben sie ihr Kind für 1.000 Euro an die Bande.

Laut Aussage der Staatanwaltschaft ging es der Menschenhändlerbande darum, die Neugeborenen für illegale Adoptionen und den Organhandel zu verkaufen. Die Beamten suchen derzeit nach möglichen weltweiten Verbindungen und wollen herausfinden, ob die Kinder von ausländischen Ehepaaren adoptiert oder von Orangenhändlern vermittelt wurden. 1) 2)

Der Fall in Peru zeigt, dass Kinderhandel in Lateinamerika immer noch ein Problem darstellt. Die kriminellen Gruppen sind an verschiedenen Bereichen des Kinderraubs beteiligt, das Hauptmotiv ist die illegale Adoption. Juan Martín Pérez García, der als Leiter des NGO-Netzwerks Redlamyc arbeitet, berichtet über die häufige Zusammenarbeit von kriminellen Banden mit Staatsdienern, um die Kinder später an Familien zu vermitteln: „Sie nutzen die Schwäche der Institutionen in ihrem Land und die lückenhaften oder gar nicht existierenden Gesetze. Manchmal erfährt auch die Adoptivfamilie nicht, auf welche Weise sie zu einem Kind gekommen ist“, sagt Pérez García.

Erschreckend ist die Situation in Guatemala. Dort wird der illegale Adoptionshandel seit  den 1980er Jahren betrieben und hier häufen sich seit 2013 die Fälle von Kindesentführungen. Auch im mittelamerikanischen Staat wird gemutmaßt, dass Mitarbeiter des Gesundheitswesen sich in großem Maße an den illegalen Machenschaften beteiligen. Da viele der Täter oftmals straffrei davonkommen, hat sich der Kinderhandel mittlerweile zu einem ernstzunehmenden Problem entwickelt. 3)

Die UNO berichtet, dass der größte Teil des Menschenhandels in Südamerika innerhalb des Subkontinents stattfindet. Laut Statistik der Vereinten Nationen handelt es sich bei 51 Prozent der Opfer um Frauen und bei 37 Prozent um Kinder. In Zentralamerika und der Karibik sind sogar 51 Prozent der Opfer Kinder. Der Anzahl von betroffenen Mädchen ist höher als die betroffener Jungen. Den Hauptgrund für Kinderhandel stellt die sexuelle Ausbeutung dar. In Zentralamerika und der Karibik sind 41 Prozent der Kinder betroffen, in Südamerika sind es bereits 58 Prozent, die Opfer sexueller Ausbeutung werden. 4)

Seit Jahren warnt die UNICEF vor der Ausbeutung von Armut betroffener Kinder. Besonders von Kinderhandel bedroht sind beispielsweise indigene Kinder. Oft ist Kinderhandel mit sozialen Problemen und ethnischer Zugehörigkeit verbunden.

Meredith Fabian, die als Expertin der Stiftung Casa Alianza tätig ist und sich für die Rechte von Kindern in Lateinamerika einsetzt, berichtet über die hohe Gefährdung bei Straßenkindern, denn sie haben keinen Schutz und leben in Gefahr. Auch die jungen Migranten ohne Begleitung sind gefährdet, besonders bei großen Fluchtbewegungen aus mittelamerikanischen Ländern gen Norden.

Um gegen Kinderhandel vorzugehen, fordert Pérez García die Reform von internationalen Abkommen zur Adoption sowie das Ende der Straflosigkeit für Menschenhändler in lateinamerikanischen Staaten. Weiterhin verlangt Pérez einen Sinneswandel bei Adoptionen: „Wir müssen die Mentalität ändern, dass Familien sich Babys zulegen, als wären sie Haustiere, die sie nach Hautfarbe, Herkunft und Alter kaufen können. Anders gesagt: Wir brauchen Kinder, die Eltern adoptieren – nicht umgekehrt.“ 3)

  1. FAZ: Menschenhandel in Peru: Rund tausend Euro für ein Neugeborenes; Artikel vom 07.11.2018
  2. latinapress: Mutmaßlicher Kinderhandel in Peru: Ex-Polizeichef festgenommen; Artikel vom 07.11.2018
  3. DW: Illegale Adoptionen: Kinderhandel in Lateinamerika; Artikel vom 11.11.2018
  4. UNODC:  GLOBAL REPORT ON TRAFFICKINGIN PERSONS 2018; Stand vom 11.03.2019



Umfrage
Was bewirkt unsere Arbeit?
Um zu erfahren, was unsere Kampagne "Aktiv gegen Kinderarbeit" bewirkt, bitten wir dich um Antwort auf zwei kurze Fragen:

Hast du hier Neues erfahren?

Willst du möglichst nur noch Produkte ohne ausbeuterische Kinderarbeit kaufen?

Anregungen, Kritik oder sonstige Anmerkungen:




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert