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Gastbeitrag: Trinidad und Tobago – Kinderarbeit trotz Wohlstand

 |  Bild:  © (c) Antonella865 - Dreamstime.com

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Für Kinder in Trinidad und Tobago besteht Schulpflicht bis zum Alter von 12 Jahren. Ca. 91 Prozent beenden die 7-jährige Grundschule (Schulbeginn mit 5 Jahren). 1) Der Schulbesuch ist kostenlos. Es wird durchgängig in Ganztagsschulen unterrichtet, die Schulzeit endet gegen 14:45 Uhr. Die Kinder erhalten in den Schulen Frühstück und Mittagessen. Schulbusse für Schüler, die die obligatorischen Schuluniformen tragen, bringen Kinder kostenlos zur Schule. Allerdings werden nicht alle Schulwege von ausreichend Bussen befahren. In diesen Fällen müssen Eltern ihre Sprösslinge zur Schule fahren bzw. für Sammeltaxen zahlen, da die meisten Schulen nicht zu Fuß zu erreichen und die Straßen für Fahrräder allgemein zu gefährlich sind.

Eltern der sozialen Unterschicht kann es jedoch bereits Probleme bereiten, notwendige Schulkleidung und Schulunterlagen zu kaufen, obwohl ein Teil der Bücher vom Staat finanziert wird. Zwar ist Trinidad und Tobago aufgrund seiner Bodenschätze (Erdöl und Erdgas) ein recht wohlhabendes Land, allerdings kommt dieser Reichtum bei vielen Menschen nicht an. Gründe hierfür sind vor allem die vorherrschenden Sozial- und Wirtschaftsstrukturen des Landes sowie die weit verbreitete Korruption – es herrscht ein relativ großes Wohlstandsgefälle. Vor allem kinderreiche, alleinerziehende Frauen sind von Armut betroffen und mit der Erziehung ihrer Kinder schlichtweg überfordert. In Trinidad und Tobago ist es nicht unüblich, dass Frauen mehrere Kinder von verschiedenen Männern haben. Diese wiederum kümmern sich oftmals kaum um ihren Nachwuchs und zahlen häufig keinen Unterhalt. All dies vermindert die Chancen, einen erfolgreichen Schulabschluss zu erlangen und erhöht gleichzeitig die Gefahr der Kinderarbeit.

Einer Studie der UNICEF zufolge müssen geschätzte 4,1 Prozent der Kinder im Alter zwischen 5 bis 14 Jahren in Trinidad und Tobago arbeiten. 2) Kinder werden vor allem in der Landwirtschaft als Arbeitskräfte eingesetzt, arbeiten aber auch als Autowäscher, in Autowerkstätten, als Gärtner, Fischer oder werden zum Betteln geschickt – häufig unterstützen sie das kleine Business der Familie, z.B. als Straßenverkäufer in der Hauptstadt Port of Spain. 3)

Dem Gesetz nach dürfen Kinder ab 16 Jahren einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Da die Schulpflicht momentan mit 12 Jahren endet, gibt es Forderungen, diese auf 16 Jahre zu erhöhen, um dadurch die Gefahr der Kinderarbeit zu reduzieren. Verlassen Kinder im Alter von 12 Jahren die Schule, erhöht sich die Gefahr der Kinderarbeit. Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nicht zwischen 22 und 5 Uhr arbeiten. Ausnahmen sind jedoch für Familienbetriebe und andere Bereiche erlaubt. So dürfen Jugendliche ab einem Alter von 16 Jahren auch nachts in Zuckerfabriken arbeiten. 4) Ein Mindestalter für gesundheitsgefährdende Arbeit ist gesetzlich nicht festgelegt, ebenso wenig existiert eine Liste mit gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten. 2) 5)

In Trinidad wird auch von Straßenkindern berichtet, die schlimmsten Formen von körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Allerdings gibt es zu hierzu kaum verlässliche Studien. Die Themen „Kinderarbeit“ und „Straßenkinder“ gehören zu den größten Tabuthemen in Trinidad und Tobago. Die Gesellschaft und die entsprechenden staatlichen Stellen sind nicht in der Lage, allen Kindern einen geregelten Schulbesuch zu ermöglichen und vor Kinderarbeit und Obdachlosigkeit zu schützen. Die bereits bestehenden Gesetze zum Schutz der Kinder werden zu selten umgesetzt, Verstöße zu selten sanktioniert. Zu selten erlangen schulpflichtige Kinder die nötige Aufmerksamkeit, wenn sie während der Schulzeit auf der Straße angetroffen werden. Vor Straßenkindern verschließt man häufig die Augen. 3) 6)

Obwohl Trinidad und Tobago mittlerweile alle wirtschaftlichen Voraussetzungen mitbringt, um dem Problem der Kinderarbeit im Land wirksam entgegenzutreten, scheitern derartige Bemühungen noch immer an fehlendem Problembewusstsein oder gar Ignoranz innerhalb der Gesellschaft. Es ist die Aufgabe der Bürger des Landes und der entsprechenden staatlichen Behörden, Aufklärungsarbeit zu leisten und die Wahrnehmung der Bürger diesbezüglich zu ändern. Nötig sind ein gesteigertes soziales Bewusstsein und ein Zusammenrücken der Gesellschaft zugunsten der Schwachen und Benachteiligten. Nur wenn Kinderarbeit auch als Problem verstanden wird und somit öffentlicher Druck entsteht, sind verantwortliche Akteure zum Handeln gezwungen.

Mehr Informationen von und über unseren Gastredakteur Jörg Kilian findet Ihr hier – nicht mehr verfügbar.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. U.S. Department of Labor: Trinidad & Tobago – Stand: 12.01.2015
  2. eTN Global Travel Industry News: Child Labor – the shame of Trinidad & Tobago – Stand: 12.01.15
  3. gvnet: Help needed for street children in T&T – Stand: 12.01.2015
  4. Refworld: 2008 Findings on the Worst Forms of Child Labor – Trinidad & Tobago – Stand: 12.01.15
  5. U.S. Department of State: Trinidad und Tobago – Report 2011 – Stand: 12.01.15
  6. Refworld: 2008 Findings on the Worst Forms of Child Labor – Trinidad & Tobago – Stand: 12.01.2015



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