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Die vergessenen Kinder – Kinderarbeit syrischer Flüchtlinge

 |  Bild:  © Ruletkka - Dreamstime.com

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Der Beginn des syrischen Bürgerkriegs ist nun schon mehr als drei Jahre her, doch die Lage der Syrer wird immer schlimmer. Inzwischen, so wird geschätzt, sind sechs Millionen Binnenflüchtlinge im Land selbst unterwegs und 2,5 Millionen Flüchtlinge suchen Schutz in der Region – beispielsweise im Libanon und Jordanien. 1) Für die Nachbarländer bedeutet die Flüchtlingskrise eine starke Belastung, besonders für den Gesundheits- und Bildungssektor. Jordanien leidet beispielsweise selbst unter Armut, Budgetdefiziten und hohen Arbeitslosenraten. 2)

Und doch gerät der Konflikt immer mehr ins Vergessen. Nachrichten über Syrien machen nur noch selten Schlagzeilen. Anfang dieser Woche trat der Syrien-Sondergesandte, Lakhdar Brahimi, zurück und wird zum Ende des Monats seinen Posten räumen. Einige Wochen zuvor hatte er eingeräumt, vorerst keine weitere Chance für Dialog im syrischen Bürgerkrieg zu sehen. 3) Es scheint nicht, als würde der Konflikt abflauen, wie Berichte über mögliche Giftgasangriffe durch das syrische Regime zeigen. 4)

Erst kürzlich stellte CARE, eine Nichtregierungsorganisation zur Armutsbekämpfung, eine Studie über den Hausstand syrischer Flüchtlinge im städtischen Gebiet Jordaniens vor. Laut dem Bericht kämpfen sie mit dem schlechten Zustand ihrer Wohnungen, hohen Schulden, steigenden Lebenshaltungskosten und Herausforderungen bei der Schulbildung ihrer Kinder. 1) Etwa 600 000 syrische Flüchtlinge suchen in Jordanien Schutz. Sie haben meist schon ihr gesamtes Erspartes aufgebraucht und alle Wertgegenstände verkauft. 2) Neun von zehn schulden ihren Verwandten, Vermietern, ihren Nachbarn oder dem Ladenbesitzer, bei dem sie einkaufen, hunderte von Dollars. 1)

Diese Unsicherheit kann auch zu sexueller Ausbeutung führen. Manche Vermieter verlangen sexuelle Gefälligkeiten im Tausch gegen kostenlose Unterkunft. Manche Familien entscheiden sich für Heiraten, die finanzielle Gewinne bringen. 2)

Die Kinder trifft es oft besonders hart. Es gibt schon seit längerem Bedenken, dass syrische Flüchtlingsfamilien immer mehr von Kinderarbeit abhängen, um Miete und Essen zu bezahlen – um zu überleben. Ende letzten Jahres arbeiteten geschätzte 30 000 syrische Kinder in Jordanien. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) warnte, die Zahl könne sogar noch höher liegen. Im Libanon hingegen müssen mindestens 50 000 syrische Kinder arbeiten, um ihre Familien zu unterstützen, so wird angenommen. 5)

Viele Familien fliehen ohne erwachsene männliche Familienangehörige. Die Ehemänner und Väter sind gestorben oder in Syrien zurückgeblieben. Zum Überleben muss deshalb oft einer der Söhne Geld verdienen. Meist heißt das auch: Diese Kinder können nicht mehr zur Schule gehen. Es wird geschätzt, dass in Jordanien höchstens ein Drittel der circa 150 000 syrischen Kinder im Schulalter auch wirklich eine Bildungsinstitution besucht. Im Libanon ist die Zahl sogar noch geringer: unter zehn Prozent der syrischen Flüchtlingskinder besucht eine Schule. 5) Oft ist die Schule auch einfach zu weit weg und das Geld der Familie reicht nicht für öffentliche Verkehrsmittel. 6)

Die Kinder brauchen das extra Geld. Da sie keine Arbeitserlaubnis haben, können sie sich nicht über schlechte Arbeitsbedingungen beschweren. Viele der syrischen Flüchtlingskinder werden deshalb ausgebeutet: Sie bekommen weniger als den Mindestlohn, haben lange Arbeitszeiten und arbeiten ohne angemessene Schutzausrüstung. CARE sprach mit einem 13-jährigen Jungen, der 15 Stunden täglich arbeiten muss. Dafür bekommt er nur 2 Dollar täglich und manchmal wird er gar nicht bezahlt. 5)

Die Arbeit kann zu weiteren psychologischen Traumata führen. 5) Die Flucht an sich ist eine emotional bedrückende Situation. Sie wird sicher nicht dadurch verbessert, dass Kinder durch die Umstände gezwungen werden zu arbeiten. Was heißt es für ihre Zukunft und die Syriens, wenn eine ganze Generation nicht zur Schule gehen kann und bei der Verarbeitung ihrer Traumata nicht unterstützt wird? Es ist schwer, dem Teufelskreis aus entgangener Schulbildung und Armut zu entkommen. Bildung ist zentral, um eine Arbeit zu erhalten, von der man seine Familie ernähren kann. Verdienen die Erwachsenen zu wenig Geld, werden auch ihre Kinder gezwungen sein, zu arbeiten.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. CARE International, 15.04.14: Syrian humanitarian crisis growing more dire – aufgerufen am 15.05.14
  2. Aljazeera, 17.04.14: Syrian refugees struggle in urban Jordan – aufgerufen am 15.05.14
  3. Süddeutsche, 13.05.14: Syrien-Sondergesandter Brahimi tritt zurück – aufgerufen am 15.05.14
  4. Süddeutsche, 13.05.14: Syrisches Regime soll Giftgas eingesetzt haben – aufgerufen am 15.05.14
  5. CARE International, 15.11.13: CARE on International Children’s Day: Child labor on the rise among Syrian refugees – aufgerufen am 15.05.14
  6. CARE International, 15.11.13: When a 14-year-old has to make coffee so his family can survive – aufgerufen am 16.05.14



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