Zum Inhalt springen

Ausbeutung in der Elektro-Industrie: Aktueller Bericht erschreckt und überrascht zugleich

Elektronikgeräte  |  Bild:  © Sandroz - Dreamstime

Elektronikgeräte | Bild: © Sandroz - Dreamstime

Kinderarbeit in unserer Elektronik-Industrie? Das ist die traurige Wahrheit, die mit jedem Kauf eines Smartphones oder Laptops einhergeht. Viel zu oft lesen wir von Kinder- oder Zwangsarbeit in den Produktionsstätten von Apple, LG, Microsoft, Dell, Sony und vielen weiteren Großkonzernen. Zu diesem Thema veröffentlichte die australische NGO Baptist World Aid gestern ihren Bericht „Electronics Industry Test“. Der Report ist der zweite in der Reihe „Behind The Barcode“ und soll Konsumentinnen und Konsumenten dabei behilflich sein, ethische Kriterien in ihren Einkauf miteinzubeziehen. 1)

Zwei Jahre lang untersuchte die NGO 39 der weltweit größten Elektronik-Konzerne hinsichtlich Unternehmenspolitik, Arbeitsbedingungen in den eigenen aber auch in den Produktionsstätten ihrer Zulieferer, Transparenz und Zurückverfolgbarkeit sowie die eigenen Kontroll- und Trainingsmaßnahmen. Die teilnehmenden Unternehmen konnten die Noten A bis F erhalten, wobei A die Bestnote war.

Baptist World Aid untersuchte jede Firma nach derselben Vorgehensweise und legte dabei besonderen Wert auf Zwangs- und Kinderarbeit: Zu Beginn erhielt jedes Unternehmen die Möglichkeit sich aktiv an seinem Profil zu beteiligen, indem es einen umfassenden Fragenkatalog über seine Unternehmenspolitik und sein soziales Engagement beantworten konnte. Zusätzlich führte Baptist World Aid eigene Recherchen durch und legte anhand dieser Ergebnisse die Bewertung fest. Bei einer Antwort der Firma auf den Fragebogen wurden die bisherigen Ergebnisse noch einmal nachgeprüft und gegebenenfalls verändert. 2)

Die Ergebnisse des Reports waren schockierend. Kein einziges Unternehmen konnte seine Lieferkette komplett rekonstruieren, lediglich 18 Prozent konnten einige Teile ihres Produktionsprozesses auflisten. „Wissen oder sorgen sich die Firmen zu wenig über die Produktion, ist es um einiges schwerer nachzuvollziehen, ob Arbeitnehmer ausgebeutet oder sogar versklavt werden“, so Gershon Nimbalker, Sprecher von Baptist World Aid. 3) Tatsächlich besaßen nur 34 Prozent der Unternehmen einen Code of Conduct, der angemessene Arbeitsstandards in der Produktion vorschrieb. Obwohl einige Firmen ein Tarifabkommen in ihrem Verhaltenskodex zuließen, kam es nur in einer Firma zu dessen Umsetzung. 1) Überraschenderweise war es der Großkonzern Nokia, der seinen Arbeitern das Recht auf Tarifverhandlungen einräumte und auch umsetzte. Nokia war auch das einzige der 39 Unternhemen, das seinen Arbeitern einen Lohn garantierte, der den Lebenserhalt deckte. 4) „Es ist absolut notwendig, dass Arbeitnehmer in den Ländern des Südens die Möglichkeit haben, sich gemeinsam zu organisieren und gegebenenfalls zu verhandeln […]. Wir loben Nokia dafür, dass es diesen Umstand erkannt und umgesetzt hat“, erklärt Nimbalker. „Es ist wunderbar Nokias Bemühungen zu sehen, um Ausbeutung zu vermeiden […].“ 1) Nokia erhielt in der Bewertung ein B+.

Aber auch andere Großkonzerne, deren Ruf üblicherweise mit Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit behaftet ist, schnitten erstaunlich gut ab. Nach Nokia folgten in der Bewertung Apple, LG, Microsoft und Intel. Mit den schlechtesten Noten D- und F haben unter anderem Hisense, Palsonic, Canon, Huawei und Lenovo abgeschnitten. 3)

Baptist World Aid möchte mithilfe des Reports interessierten Verbrauchern und Verbraucherinnen den Kaufentscheid erleichtern und gleichzeitig den Firmen die Möglichkeit geben, ihre eigenen Praktiken mit denen ihrer Mitstreiter zu vergleichen. Laut der NGO hätten noch alle beteiligten Firmen das Potenzial, in ihren Produktionsstätten Verbesserungen durchzuführen und sich transparenter zu verhalten. Einen wirklichen Wandel könnten allerdings nur die Konsumenten bewirken. „Wir sind sicher, dass die Konsumenten durch einen Aufschrei nach Veränderungen, die Macht haben die Untenehmen […] zu beeinflussen. Wir sind gespannt, welchen Einfluss der Bericht haben wird“, so Nimbalker.

Auf www.behindthebarcode.org.au ist es möglich eine digitale Kopie des „Ethical Electronics Guide“ zu downloaden, um sich auch während des Einkaufs ausreichend zu informieren. Der Report „Electronics Industry Test“ ist nicht mehr abrufbar.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Baptist World Aid Australia: Media Release: Tech Giants Graded in Australia’s First Electronics Industry Trends Report; nicht mehr verfügbar
  2. Electronics Industry Trends: Behind The Barcode – nicht mehr verfügbar
  3. DailyMail, 21.05.14: Revealed: The major Australian companies failing to meet basic child-labour standards – aufgerufen am 21.05.14
  4. news.com, 22.05.14: Major Aussie companies including Woolworths, Kogan and Dick Smith reprimanded in child labour report – aufgerufen am 22.05.14



Umfrage
Was bewirkt unsere Arbeit?
Um zu erfahren, was unsere Kampagne "Aktiv gegen Kinderarbeit" bewirkt, bitten wir dich um Antwort auf zwei kurze Fragen:

Hast du hier Neues erfahren?

Willst du möglichst nur noch Produkte ohne ausbeuterische Kinderarbeit kaufen?

Anregungen, Kritik oder sonstige Anmerkungen:




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert