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Entwicklungsminister initiiert neues Textilsiegel

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat bekannt gegeben, dass noch dieses Jahr ein Siegel für Textilien eingeführt werden soll. Das Zertifikat soll garantieren, dass bei der Produktion von Kleidungsstücken ökologische sowie soziale Standards eingehalten werden. „Wir sind seit längerem in Gesprächen mit Branchenverbänden und Unternehmen.“, erklärte Jürgen Klimke, ebenfalls von der CSU. 1) Für ihn ist die vorerst größte Herausforderung, Normen für „Pausenzeiten, Sanitäranlagen, gute Beleuchtung und eine tägliche Höchststundenzahl“ zu schaffen. Ziel ist es, die deutsche Branche zu der Achtung gewisser Standards zu bewegen. Müller plant außerdem, ein Internetportal einzurichten, „das es allen Verbraucherinnen und Verbrauchern möglich macht, zu überprüfen, ob der Hersteller die von uns geforderten Mindeststandards einhält“. Daran dürfe sich auch gerne die Textilwirtschaft beteiligen, so Müller. 2) Er hofft, dass sich auch weitere Länder an der Initiative beteiligen werden, Frankreich und die Niederlände hätten bereits ihre Bereitschaft dazu signalisiert. 3)

Schon in Kürze lädt der CSU-Politiker die deutsche Textilwirtschaft zu einem runden Tisch. Er setzt jedoch vorerst auf die „Selbstverpflichtung“ der Unternehmen, die vereinbarten Standards für die gesamte Produktionskette „vom Baumwollfeld bis zum Bügel“ einzuhalten. Nur falls die Vereinbarung auf freiwilliger Basis nicht funktioniere, müsse ein „gesetzlicher Rahmen“ vorgegeben werden. 3)

Die Textilbranche reagiert wenig begeistert auf die Initiative des CSU-Politikers. Ihnen zufolge gäbe es bereits sehr viele Zertifikate und Siegel: „Der Nutzen eines zusätzlichen Siegels ist eher fraglich“. Trotzdem zeigte man sich an einer Zusammenarbeit mit dem Innenministerium interessiert. 1)

Dass es bereits Siegel und Zertifikate für verschiedene ökologische und soziale Standards bei der Kleidungsproduktion gibt, ist wahr. Dazu gehören jedoch auch jene, die entweder nur soziale oder ökologische Normen beachten oder die sich ausschließlich auf einen Produktionsabschnitt beziehen. Menschenrechtsorganisationen machen schon lange auf den laschen Druck der Politik auf die Unternehmen aufmerksam und fordern von den Politikern mehr Engagement. Katastrophen wie der Fabrikeinsturz in Bangladesch im vergangenen Jahr, bei dem hunderte ArbeiterInnen ihr Leben verloren, haben die Weltöffentlichkeit wieder verstärkt auf die Missstände in den Produktionsstätten der Textilunternehmen aufmerksam gemacht. Müller warf der Bekleidungsindustrie vor, nach diesem Unglück viel zu wenig Engagement gezeigt zu haben. 3)

Sich in dem Dschungel der vielen verschiedenen Siegel mit komplett unterschiedlichen und manchmal nur extrem laschen Sozial- und Umweltstandards zurecht zu finden, gleicht einer Kunst. Und zudem gibt es bis heute zahlreiche Unternehmen, die keines der vielen Zertifikate führen. Es ist also durchaus löblich, für Transparenz und Verbindlichkeit zu sorgen.
Eben Verbindlichkeit, und hier liegt die Schwachstelle der neuen Idee des CSU-Politikers. Die freiwillige Basis, auf der die neue Idee des Entwicklungspolitikers derzeit beruht, darf von der Politik auf keinen Fall als endgültiges Ziel verstanden werden, sondern vielmehr als ein Versuch, auf die Unternehmen zu zugehen.
Letztendlich müssen aber Verbindlichkeit und Kontrollen bei der Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards garantiert werden – denn sonst gleicht das neue Siegel keiner Errungenschaft, sondern viel eher einer neuen CSR-Kampagne für die Unternehmen und einer offiziellen Verbrauchertäuschung.

 

Weitere Informationen zu den verschiedenen, vorhandenen Textilsiegel und Zertifikaten hier: Frankfurter Allgemeine: Ethisch Textilien kaufen; erschienen am 07.04.2014; aufgerufen am 11.04.2014

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Tagesspiegel: Regierung will Siegel für faire Kleidung; erschienen am 08.04.2014, Aufgerufen am 11.04.2014
  2. Frankfurter Allgemeine: Ethisch Textilien kaufen; erschienen am 07.04.2014; aufgerufen am 11.04.2014
  3. Spiegel Online:  Nachhaltigkeit: Regierung setzt Modebranche mit Textilsiegel unter Druck; erschienen am 06.04.2014; aufgerufen am 11.04.2014



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Ein Gedanke zu „Entwicklungsminister initiiert neues Textilsiegel“

  1. Gut gemeint, aber ich seh die Einführung eines neuen Siegels auch ziemlich kritisch. Wir werden inzwischen in vielen Bereichen, gerade bei Lebensmitteln und Klamotten – mit den unterschiedlichsten Siegeln konfrontiert, bei denen kaum noch einer nachvollziehen kann, was die beinhalten. Es gibt doch schon vernünftige Siegel wie den GOTS, den wir bei Coromandel z. B. von Anfang an unterstützt haben, weil er so umfassend ist. Lieber erst mal etablierte Siegel stärken als jetzt noch mit viel Aufwand das zwanzigste Siegel einzuführen.

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