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Marokko: Keine Straffreiheit mehr für Vergewaltiger von Minderjährigen

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Vergewaltiger von Minderjährigen werden in Marokko künftig ohne Ausnahmen bestraft. Bislang befreite sie das marokkanische Gesetz von einer Strafe – dafür musste der Vergewaltiger lediglich sein Opfer heiraten. Diese absurde Regelung wurde am 22. Januar dieses Jahres endlich gekippt. Einstimmig entschied das Parlament, den entsprechenden Paragraphen 475 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. 1)

Ein Hauptauslöser für die Proteste, die letztendlich die Regierung zur Überprüfung des Gesetzes bewegte, war Mädchen Amina al-Filali. Das Mädchen wurde mit 15 Jahren Opfer einer brutalen sexuellen Misshandlung. Um die Ehre der Familie wieder herzustellen wurde sie gezwungen, ihren Vergewaltiger zu heiraten. Dieser wurde im Gegenzug nie für seine Tat bestraft – aufgrund des Paragraphen 475. Um der Zwangsehe zu entfliehen, beging Amina im März 2012 Selbstmord. Als die Öffentlichkeit von ihrem Suizid erfuhr, verschärften sich die Proteste. Das Motto der Bewegung: „Das Gesetz hat mich getötet. Wir alle sind Amina!“. Ihren Namen kennt in Marokko jeder. 2)

Eigentlich ist die Ehe mit Minderjährigen in Marokko bereits seit 2003 verboten. Nur in Ausnahmefällen kann die Erlaubnis gegeben werden – doch die wird weiterhin mit großer Bereitschaft erteilt. 40.000 Minderjährige heiraten jedes Jahr in Marokko.

 

Jede neunte Frau in Marokko wurde bereits Opfer sexueller Gewalt.

 

Immerhin befreit künftig eine Ehe den Vergewaltiger nicht mehr von einer Strafe – doch Menschenrechtsorganisationen bleiben trotz der erfolgten Gesetzesänderung kritisch. Nach wie vor stehen Opfer von Vergewaltigungen in keiner rechtlich gesicherten Position. Im Gegenteil: Missbrauchsopfer können sogar selbst belangt werden, denn außerehelicher oder gleichgeschlechtlicher Sex steht in Marokko unter Strafe. 1) Außerdem gelten Misshandlungen innerhalb der Ehe nicht als Verbrechen und bleiben somit ungestraft. Dabei gehen mehr als die Hälfte der Vergewaltigungen in Marokko von einem Ehepartner aus. 3) Zudem haben Frauen und Mädchen, die nach einer Vergewaltigung schwanger sind, keine Möglichkeit legal abzutreiben. 4) Die NGO Amnesty International fordert darüber hinaus eine Bestrafung nicht nur von physischer, sondern bereits von psychischer Gewalt, die Frauen zu sexuellen Handlungen nötigt.

Hassiba Hadj Sahraoui von Amnesty International in London macht deutlich: „Es ist erst ein Anfang“. 1) Die Gesetzesänderung ist auf jeden Fall ein Fortschritt zur Verwirklichung von Frauenrechten, insbesondere von Minderjährigen – doch sollte er als Anlauf verstanden werden und nicht als Ziel.

 

Foto: Pilecka

 

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. TAZ: Sexuelle Gewalt in Marokko; aufgerufen am 27.01.2014
  2. TAZ: Protest gegen Zwangsehe in Marokko; aufgerufen am 27.01.2014
  3. Handelsblatt: Marokko: Vergewaltiger bleiben nicht mehr straffrei; aufgerufen am 27.01.2014
  4. TAZ: Frauenrechte in Marokko: Ein rechtloses Wesen; aufgerufen am 28.01.2014



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