Die Vergewaltigung des fünfjährigen Mädchens in Neu-Delhi ist der neueste Fall, in dem Indiens Polizei bei der Vermisstenmeldung eines Kindes versagt hat. Drei Tage nach dem Vorfall vergangene Woche wurde das Mädchen allein in einem abgeschlossenen Raum, im selben Gebäude, wo ihre Familie lebt, gefunden.
Mehr als 90.000 Kinder werden jedes Jahr in Indien vermisst, mehr als 34.000 werden nie gefunden. Manche Eltern erklären, dass sie entscheidende Zeit verlieren würden, weil die Polizei ihre vermissten Kinder als Ausreißer verzeichnete, sich weigere, Berichte einzureichen, oder die Fälle als Belästigungen behandele.
Nachdem ihre Tochter verschwunden war, baten die Eltern der Fünfjährigen die Polizei immer wieder um die Aufnahme ihrer Vermisstenmeldung und baten sie, endlich nach Ihrer Tochter zu suchen, aber sie wurden von den Beamten abgelehnt. Drei Tage später hörten Nachbarn das Weinen eines Kindes aus einem verschlossenen Raum in einem Mietshaus. Sie brachen die Tür auf und eilten mit dem missbrauchten Mädchen auf die Polizeiwache. Die Eltern erzählten, dass ihnen die Polizei umgerechnet knapp 30 Euro Schweigegeld bot, damit nichts an die Öffentlichkeit gelangen würde. „Sie wollten nur, dass wir wieder verschwinden. Sie wollten den Fall nicht einmal aufnehmen, obwohl sie sahen, wie schwer unsere Tochter verletzt war“, sagte der Vater des Mädchens. Neu-Delhis Polizeikommissar Neeraj Kumar gab am Montag zu, dass die örtliche Polizei bei der Behandlung dieses Falles einen Fehler gemacht habe. Ein Offizier der Polizeiwache und sein Stellvertreter wurden suspendiert. 1)
Auch Eltern anderer vermisster Kinder erzählen, dass ihnen die Polizei nur widerwillig helfen wollte. Teilweise wurden die Familien von der Polizeiwache verscheucht, als sie nach dem Stand der Suche fragten. Die Polizei bestand oft darauf, dass die vermissten Kinder mit Freunden unterwegs seien und wieder zurückkehren würden.
Laut Bhuwan Ribhu, einem Rechtsanwalt des Save the Childhood Movements, wurden im Jahr 2011 nur ein Sechstel der Vermisstenfälle überhaupt registriert. Das liege vor allem daran, dass die Polizei die Fälle nicht aufnehmen wolle, um die Kriminalitätsrate niedrig zu halten. Die Eltern der Opfer seien oft zu arm, um die Polizei durch ein Bestechungsangebot zum Suchen anzuregen, erklärt Ribhu weiter.
Der Rechtsanwalt sagt auch, dass die ersten Stunden, nachdem ein Kind verschwunden ist, die wichtigsten seien. Verzögerungen würden den Menschenhändlern genug Zeit geben, um die Kinder in einen benachbarten Bundesstaat zu bringen, für den der örtlichen Polizei die Zuständigkeit fehle.
Indiens Ministerin für Entwicklung von Frauen und Kindern – Krishna Tirath – sagte dem Parlament im vergangenen Monat, dass das Thema der vermissten Kinder ein „alarmierendes“ Ausmaß angenommen habe. Das nationale Büro für die Aufzeichnung von Verbrechen berichtet, dass 34.406 vermisste Kinder im Jahr 2011 nie gefunden wurden. Im Jahr 2009 gab es 18.166 Vermisstenfälle. Viele Kinder werden verschleppt und gezwungen, auf den Straßen zu betteln. Einige arbeiten auf Farmen oder Fabriken als Zwangsarbeiter, anderen werden ihre Organe für den Verkauf entnommen. Junge Mädchen werden in die Prostitution gedrängt oder für Heiraten verkauft. 2)
„Die Regierung ist einfach nicht bereit, sich dem Problem des Menschenhandels oder der vermissten Kinder zu stellen. Und das spiegelt sich in der Teilnahmslosigkeit der Polizei im Umgang mit Fällen von vermissten Kindern wider“, sagt die Ministerin. Das Central Bureau of Investigation erklärt, dass im Jahr 2006 mindestens 815 kriminelle Banden Kinder zum Betteln, zur Prostitution oder gegen Lösegeld entführt hätten. Laut dem Save the Childhood Movement habe die Polizei nicht eine einzige dieser Banden zerschlagen. Obwohl die Organisation den Beamten alle Details über die Vermisstenfälle zukommen ließe, sei die Polizei einfach nicht bereit zu handeln, erklärt Ribhu. 3)
Vergangenen Monat hat das indische Parlament ein neues Gesetz gegen den Kinderhandel verabschiedet. Die Criminal Law Amendment Bill 2013 verbietet alle Formen des Kinderhandels, physische und sexuelle Ausbeutung und Sklaverei eingeschlossen. Das Gesetz sieht für schwere Fälle im Kinderhandel eine Gefängnisstrafe von mindestens 7 Jahren und eine mögliche Erweiterung auf lebenslange Haft vor. 4) 5)
Fraglich bleibt nur, ob ein härteres Gesetz gegen Kinderhandel und entsprechende Bestrafung wirklich hilft, wenn die lokale Polizei mit Gleichgültigkeit brilliert. Kann ein verabschiedetes Gesetz tatsächlich den Familien der vermissten Kindern helfen, die Polizei zu überzeugen, die Fälle der vermissten Kinder in Zukunft zu registrieren und einer Suche nachzugehen?
- Vergewaltigung einer fünfjährigen: Indische Polizei verhaftet zwei Verdächtige – Spiegel online – aufgerufen am 25.04.2013 ↩
- Stolen and sold into slavery: Misery of Delhi’s trafficked children as figures show 5.000 go missing in the Capital every year – Daily Mail – aufgerufen am 25.04.2013 ↩
- Indian girl’s rape highlights missing children – USA Today – aufgerufen am 25.04.2013 ↩
- Criminal Law (Amendement) Act, 2013 – Wikipedia – aufgerufen am 25.04.2013 ↩
- Stringent anti-rape laws get President’s nod – The Hindu – aufgerufen am 25.04.2013 ↩
ich finde das gut was ihr macht :)
weiter so