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Unzureichende Gesetzgebung erschwert Kampf gegen Kinderhandel in Malawi

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

„Keine Person unter 14 Jahren sollte in einem landwirtschaftlichen, industriellen oder nicht-industriellen Betrieb, egal ob privat oder gewerblich, beschäftigt sein oder arbeiten.“

So schreibt es das Beschäftigungsgesetz Malawis vor.  1) Gleichwohl wird immer noch davon ausgegangen, dass mindestens 1,4 Millionen in eben einem solchen Arbeitsverhältnis stehen, das entspräche einem Anteil von über 20%. Bei einem Fünftel der Betroffenen spielt gar Kinderhandel eine entscheidende Rolle – allein zwischen Januar und August dieses Jahres wurden 43 Fälle von schwerwiegendem Kinderhandel gemeldet. Viele Jungen werden als billige Arbeitskräfte bei der Produktion von Tabak missbraucht, während Mädchen meistens als Prostituierte oder Hausmädchen gehalten werden – Organisationen gehen davon aus, dass jährlich 1500 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren dadurch sexuell ausgebeutet werden.  2)

Ebenso ist es gängige Praxis, Kinder für illegale Adoptionen zu verkaufen.

Die Ursachen sind schnell ermittelt: Arbeitslosigkeit, mangelnde Bildung und Mittellosigkeit – Schätzungen zufolge leben bis zu 65% aller Malawier unter der Armutsgrenze.

Ein Aspekt wird jedoch häufig außer Acht gelassen: Die defizitäre Gesetzgebung.

Zwar heißt es in Absatz 79 des 2011 verabschiedeten Gesetzes zur Fürsorge und Schutz von sowie zur Gerechtigkeit gegenüber Kindern: „Eine Person, welche Geschäfte durchführt, bei denen Kinderhandel u.a. Merkmal ist, begeht eine strafbare Handlung und sollte mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe belegt werden.“  3)

Problem hierbei ist jedoch, dass Richter oben genannten Passus kaum anwenden, weil er keine verpflichtende Ahndung dieses Vergehens vorsieht. Ein Gesetz zur Regulierung der Strafen bei Menschenhandel existiert nicht. Daher werden Anklagen gegen Personen, welche aufgrund von Menschenhandel festgenommen wurden, bei einem Prozess meist geändert, weil keine rechtliche Grundlage für eine dementsprechende Beschuldigung existiert. Meist werden Verdächtigte dann dem Vollzug von Zwangs- oder Kinderarbeit bezichtigt – für diese Vergehen werden jedoch nur Freiheitsstrafen von zwei bzw. fünf Jahren vorgesehen.  4) Zudem werden oft noch mildernde Faktoren wie das Alter der Beschäftigten miteinbezogen – dies resultiert in zum Teil lächerlichen Strafen. In einem Fall wurde ein Vater, welcher seine Kinder nach Mosambik verkauft hatte, zu einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten verurteilt, in einem anderen Fall kam ein sambischer Beschuldigter gar mit einer Geldstrafe davon.  5)

Wohlfahrtsministerin Anita Kalinde räumt ein, dass die Strafen oftmals „nicht miteinbeziehen, dass das Leben des Kindes zerstört wurde.“ Maxwell Matewere, Geschäftsführer der Organisation Eye of the Child, fügt an: „Das Gesetz […] beinhaltet keine Mechanismen, mit denen man Opfer identifizieren oder ihnen Fürsorge zulassen kommen kann. Ebenso schweigt es bei anderen Faktoren wie der Definition von Anwerbung. Zudem wird nicht angegeben, wie man mit anderen Schuldigen wie z.B. beteiligten Busunternehmen oder bei illegalen Adoptionen mitwirkenden Waisenhäusern verfahren soll.“

Auch Polizeisprecher Kelvin Maigwa gibt zu: „Manche unserer Gesetze sind veraltet und schwach. Als sie verfasst wurden, waren sie stark, aber wenn man einen Täter nun zu einer Geldstrafe von 200 Kwacha [entspricht etwa einem US-Dollar, Anm. d. Red.] verurteilt, so hindert es ihn nicht daran, das Ganze wieder und wieder zu tun.“ 6)

Ein weiteres Problem stellen die offenen Landesgrenzen dar. Bereits in der Vergangenheit gab es Berichte, wonach malawische Kinder nach Tansania geschafft wurden.  7) Als Hauptdestination gilt jedoch weiterhin Mosambik. Augustus Nkhwazi, Sprecher der Polizeipräfektur Phalombe, gibt an, dass es ein Leichtes wäre, die Grenzen illegal zu überqueren, weil keine Polizisten dort stationiert wären. Auch meint er, dass Kinderhändler, welche mit ihren Opfern das Land verlassen, einfach als deren Eltern oder als Wachmänner wahrgenommen würden. Das läge daran, dass Handelsbeziehungen oder Mischehen zwischen den beiden Ländern Usus seien.

Immerhin wurden bereits erste Gegenmaßnahmen getroffen. Angaben des Parlamentariers Herbert Bimphi zufolge hat die nationale legislative Lommission dem Innen- und Justizministerium bereits einen Gesetzesentwurf zum Menschenhandel vorgelegt. Dieser werde aktuell eingehend unterprüft und würde, sollte er sich als adäquat erweisen, schnellstmöglich verabschiedet.

Wohlfahrtsministerin Kalinde betont zudem, dass die Regierung bereits erste Programme gestartet hat, um die Armut der von Kinderhandel gefährdeten Familien zu verringern. Dazu gehören beispielsweise landwirtschaftliche Subventionen.

Ein weiteres Ziel ist freilich noch zu erreichen: Die Aufklärung der Bevölkerung über die bestehende und kommende Rechtslage. Damit diese zukünftig ihre Rechte einfordern können, sollen die Gesetzestexte nun in die lokalen Sprachen übersetzt werden.

Auch Polizeisprecher Maigwa gibt sich optimistisch. So hätte jede Polizeistation mittlerweile einen eigenen Beauftragten, der die Bevölkerung informiere. Beispielsweise würde erklärt, mit welchen Tricks und falschen Versprechungen Kinderhändler vorgingen.

Abschließend resümiert er: „Wir glauben, die Leute wissen mittlerweile bereits mehr über dieses Verbrechen als vorher.“  6)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. EMPLOYMENT ACT 2000 – Absatz 21I – ILO – Englisch
  2. MyWage: Child and Woman Trafficking High in Malawi; nicht mehr verfügbar
  3. Link zum Artikel nicht mehr auffindbar; 21. 02. 14 – ähnliche Informationen zum Child Care, Protection and Justice Act findet man hier
  4. siehe 1 – Absatz 4 bzw. 24
  5. Law Fails to Protect Malawi Children – IPS News
  6. siehe 4
  7. Malawi children falling victim to human traffickers – The Guardian – Englisch



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