Zahlreiche internationale Unternehmen der Textilbranche, darunter GAP, Walmart, H&M, C&A und Primark haben ihre indischen Zulieferer aufgefordert, kein Material mehr aus Betrieben zu beziehen, in denen Kinder- und Zwangsarbeit an der Tagesordung stehen. Eine Arbeitsrecht verletzende Beschäftigungspraxis namens „Sumangali“ droht, die gesamte Textilbranche im Bundesstaat Tamil Nadu lahmzulegen. Tausende einheimische Mädchen arbeiten in der lokalen Textilindustrie unter dem „Sumangali“-Modell, ein tamilisches Wort für „Braut“. Die Eltern der Mädchen schließen einen Drei-Jahres-Vertrag mit dem Arbeitgeber ab. In dieser Zeit bekommen die Beschäftigten freie Kost und Logie. Nach Ablauf der drei Jahre wird der Lohn einmalig an die Eltern ausgezahlt – hauptsächlich, um anfallende Hochzeitskosten zu begleichen. Diese Art von Beschäftigungmodell ist Mitte der 1990er Jahre entstanden. Bezahlmodus und freie Unterkunft lockten zahlreiche arme Familien an. Lokale NGOS, wie Social Awareness and Voluntary Education (SAVE) behaupten, die Mädchen würden in ihren Unterkünften gefangengehalten, dürften nicht telefonieren und erhielten nach Ablauf der Vertragszeit nur knapp ein Drittel des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohnes. Die Arbeitszeit betrüge 12 Stunden täglich, häufig würden Verträge aufgelöst, ohne die Mädchen für die bisher geleistete Arbeit zu entlohnen. Die indische Industriebranche wehrt sich gegen diese Vorwürfe und betont die Chance, die dieses System armen und ungebildeten Frauen böte. SV Arumugam, Aufsichtsratvorsitzender des Verbands der indischen Textilindustrie und gleichzeitig Direktor von Shiva Textiles, einem Unternehmen, das 400 Mädchen unter dem Sumangali-Modell beschäftigt, reagiert empört auf die Kritik: „Man kann den Angestellten doch nicht einfach erlauben, die Schlafräume um ein Uhr nachts zu verlassen, nur weil die westliche Welt [ein Verbot] als Menschenrechtsverletzung ansieht.“ Mitterweile habe sich einiges getan: Die Zahlungen an die Eltern würden nun auf Wunsch monatlich erfolgen.
Link zum Artikel in The Economic Times (englisch) – nicht mehr verfügbar
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