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Die Kohlekinder von Ulingan – Teil 2

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Aling Nelia Gumapac, 45 Jahre alt, lebt mit ihren fünf Kindern in einer Hütte in Tondo, Manila. Sie leben in der Slumgemeinschaft „Ulingan“ bei einer Mülldeponie in der Hafenregion der Philippinischen Hauptstadt. Die Bewohner des Slums stellen Holzkohle in Handarbeit her. Aling Nelia hat sich ihre Behausung aus Holzresten, einer Abdeckplane und anderen Materialien von der Müllhalde zusammengebaut. Eine der Kohlefabriken befindet sich gleich nebenan und hüllt ihre Hütte in eine dicke, schwarz-graue Rußschicht. Aber die Mutter und ihre fünf Kinder scheinen mit der Hütte zufrieden zu sein, auch wenn sie fast hineinkriechen müssen. Aling Nelia sagt „Wenigstens haben wir einen Platz zum schlafen, denn es ist sehr schwer in den Straßen Manilas zu schlafen.“

Ihr Mann kam im Jahr 2007 bei einem Unfall auf der nahe gelegenen Müllkippe ums Leben. Um das Überleben ihrer Familie zu sichern, geht sie jeden Tag in der Kohlefabrik arbeiten. Sie packt die dort produzierte Holzkohle in Plastiktüten und erhält für 8 Stunden Arbeit 40 Pesos (ca. 0,75 €). Mit diesem Geld kann sie gerade einmal ein Kilo Reis von schlechter Qualität und ein paar Sardinen kaufen. 1)

Holzkohlefabrik

Doch wenn nicht genug Holz zur Kohleproduktion herangeschafft wird und die Öfen an manchen Tagen aus bleiben, kann Aling Nelia nicht arbeiten und auch kein Essen für die sechsköpfige Familie kaufen. Dann bleibt der Familie nichts anderes übrig, als auf der Müllkippe nach Essbarem zu suchen. Die vielen Ratten werden dann zur Konkurrenz und haben gegen Ende des Tages oft nichts übrig gelassen. 2)

Viele der Arbeiter in Ulingan sind Kinder und Jugendliche, die die gleichen Tätigkeiten wie Erwachsene verrichten, Holzkohle sortieren und in Säcke schaufeln. Sie verdienen jedoch unter 2 Pesos (weniger als 4 Cent) am Tag. Schon die Kleinsten im Alter von drei Jahren unterstützen die Familie, indem sie Nägel und andere Metallteile aus der Kohleasche sammeln, um sie an einen Metallhändler für 14 Pesos (0,26€) pro Kilo zu verkaufen. 2) 3)

Ein 9 Jahre alter Junge erzählt, dass er heute nicht zur Schule gegangen ist, weil er arbeiten musste und sich jeden Tag mit seinem Bruder abwechselt. Da die Kinder oft das Überleben der Familie durch ihren zusätzlichen Verdienst sichern, gehen viele der Kinder von Ulingan gar nicht oder nur unregelmäßig in die Schule. In manchen Familien arbeiten die Kinder vor der Schule, die auf den Philippinen bereits um 7 Uhr beginnt, und nach der Schule geht es dann weiter. Ihre übrige Freizeit verbringen die Kinder zwischen den Kohlefabriken auf den matschigen und von Müll übersäten Wegen des Slums. 3) 4)

Am Ende eines Tages sehen die Familien aus, als wären sie einem Inferno entkommen – eingehüllt in eine schwarze Rußschicht.

Als wären die menschenunwürdigen Lebensbedingungen nicht schon schlimm genug, werden in den Kohlefabriken neben Aschestaub, Rauch und Ruß auch gefährliche Gase wie Kohlenstoffmonoxid und Distickstoffmonoxid freigesetzt. Durch die Verbrennung von behandeltem Holz kommen giftige Chemikalien hinzu, die tagtäglich von den Frauen, Männern und Kindern eingeatmet werden. Denn die Familien arbeiten ohne Atemmasken, Handschuhe oder Schuhe, manche Kinder sind sogar komplett unbekleidet. 5)

Wissenschaftler haben in Slumgebieten wie Ulingan mehr als 35 Krankheiten, unter anderen Cholera, Diarrhö, Malaria, Hauterkrankungen, Tuberkulose und Typhus festgestellt. In Ulingan kommen vor allem Lungenerkrankungen wegen der massiven Luftverschmutzung hinzu. 6)

Doch es gibt auch Lichtblicke in Ulingan. Eine NGO namens „Project PEARLS“ hat sich der Unterstützung der Kohlekinder von Ulingan und deren Familien verschrieben. Die NGO verteilt jeden Samstagmorgen eine warme und nahrhafte Mahlzeit an über 100 Kinder. Nach dem Essen helfen ehrenamtliche Mitarbeiter den Kindern bei Hausaufgaben, geben Nachhilfe in Englisch, Mathe, Lesen und Schreiben. Die Kinder können hier auch malen und basteln. Da die schulische Ausbildung der Kinder den Schlüssel aus der Armut darstellt, bietet „Project PEARLS“ ein Stipendienprogramm  für Schüler der Vor- und Grundschule sowie der High School an. Den Schülern werden bspw. Schuluniformen, Schuhe, Rucksack, Notizbücher und Stifte zur Verfügung gestellt und durch weitere Programme der Organisation mit Essen versorgt. Außerdem gibt es ein spezielles Geburtstagsprogramm und eine vierteljährliche medizinische Versorgung. Damit Kinder an dem Stipendienprogramm für die Grundschule und High School teilnehmen können, werden den Eltern und Erziehungsberechtigten Tätigkeiten in einem Essensprogramm aufgetragen. Somit wird die ganze Slumgemeinschaft einbezogen und sichergestellt, dass die Kinder regelmäßig zur Schule gehen. 3)

Durch die Unterstützung von NGOs wie Project Pearls kann maßgeblich dazu beigetragen werden, den Kindern und Familien Zugang zu Bildung und damit einen Weg aus der Armut und einem besseren Leben zu ermöglichen.

Von Sabine Heimberger

Teil 1 der Kohlekinder von Ulingan erschien am 16.04.2013

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Blogbeitrag: Tondo’s Ulingan: Life in Manila’s Inferno (2) – dennisvillegas.blogspot – aufgerufen am 19.04.2013
  2. Blogbeitrag: Tondo’s Ulingan: Life in Manila’s Inferno – dennisvillegas.blogspot – aufgerufen am 19.04.2013
  3. Homepage von Project PEARLS – Project PEARLS – aufgerufen am 19.04.2013
  4. Link nicht mehr aufrufbar
  5. Philippines: Charcoal Kids of Ulingan – Lisa Wiltse – aufgerufen am 01.10.2014
  6. Charcoal Kids of Ulingan by Lisa Wiltse – Fotovisura – aufgerufen am 01.10.2014 Link nicht verfügbar 10.06.15



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Ein Gedanke zu „Die Kohlekinder von Ulingan – Teil 2“

  1. Ein schockierender Bericht, der leider viel zu viele Familien auf den Philippinen betrifft. Vor kurzem habe ich einen Bericht über Familien gesehen, welche auf die Fertigung von Feuerwerkskörpern spezialisiert sind, die explosive Mischungen und etliche giftige Chemikalien enthalten und so das Leben ihrer Handwerker aufs Spiel setzen. Das schlimmste daran ist, dass die Kinder in diese Arbeit mit einbezogen werden, da anders keine Grundlage für die Famillie geschaffen werden könne. In der Region rund um Bulacan müssen ganz klar neue Perspektiven für die dort lebenden Menschen geschaffen werden, damit die illegale Produktion von Feuerwerkskörpern eingstellt wird. (Quelle: Galileo)

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