Lust am Töten? Jagdsucht? Kindersoldaten in den Krisengebieten dieser Welt werden zunächst Opfer von Gewalt, bevor sie selbst zu Tätern werden. Es wird jedoch schon länger vermutet, dass sie Spaß am Morden haben könnten: Von Vergewaltigungen und Folter berichten sie häufig so mitleidlos, als wären es Abenteuer. Die Neuropsychologen Thomas Elbert und Maggie Schauer vom Kompetenzzentrum für Psychotraumatologie der Universität Konstanz haben diese verstörende Tatsache genauer unter die Lupe genommen. Sie untersuchten die Ursachen menschlicher Aggression und sprachen mit ehemaligen Kindersoldaten in Resozialisierungzentren der Demokratischen Republik Kongo. Dabei erforschten sie eine Lust am Töten, die nicht krankhaft ist und welche evolutionsgeschichtlich dem steinzeitlichen Jagdverhalten entstammt. Sowohl Jagd als auch Mord würden neuropsychologisch durch bestimmte Botenstoffe wie Testosteron und Endorphine belohnt. Wenn nun eine Gesellschaft extreme Gewalt ermöglicht – wie es in vielen Konflikt- und Krisengebieten der Welt an der Tagesordnung ist – wird das Ausleben dieser „Jagdlust“ gefördert. Schauer und Elbert erforschen seit über 15 Jahren Traumata und Gewalt und haben entsprechende Therapiemethoden entwickelt. Neben der emotionslosen, häufig sogar lustvollen Schilderung von Greueltaten irritiert das Fehlen posttraumatischer Belastungsstörungen bei den untersuchten ehemaligen Kindersoldaten. Schauer und Elbert vermuten, dass die Lust an Gewalt nicht als Folge von erlittenen Traumata anzusehen ist, sondern vor einer psychischen Erkrankung schützen kann: „Die Rate der post-traumatischen Belastungsstörungen unter den ehemaligen Kindersoldaten im Ost-Kongo ist niedriger als unter den US-amerikanischen Kriegsveteranen.“
Zum Weiterlesen: Interview mit Thomas Elbert (auf zeitonline)